Der Währungsfonds spielt bei der Sanierung Griechenlands eine wichtige Rolle

Über die Folgen der Inhaftierung des IWF-Chefs Dominique Strauss-Kahn für den Internationalen Währungsfonds und Europa sprach das Abendblatt mit dem HWWI-Forschungsdirektor Michael Bräuninger.

Hamburger Abendblatt:

Wird der IWF durch die Inhaftierung seines Chefs handlungsunfähig?

Michael Bräuninger:

Mit Sicherheit nicht. Beim IWF gibt es klare Vertretungsregeln, wer die Rolle von Strauss-Kahn übernimmt. Der IWF-Direktor ist das politische Aushängeschild der Organisation, die Konzepte werden maßgeblich von der Verwaltung ausgeführt, also den Mitarbeiterstäben, die oft auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen können. Der IWF bleibt reibungslos handlungsfähig.

Wie wichtig ist der IWF für Europa?

Bräuninger:

Das Rettungspaket für Griechenland konnte in dieser Form nur mithilfe des IWF geschnürt werden. Die Sanierungspläne wurden maßgeblich von den Fachleuten des IWF aufgestellt. Auf europäischer Ebene gibt es dafür kein Gremium, das solche Aufgaben erfüllen könnte. Insofern ist der IWF für Europa derzeit von großer Bedeutung.

Ist die Bewilligung der Hilfen für Griechenland nun gefährdet?

Bräuninger:

Ich gehe davon aus, dass der eingeschlagene Kurs der Vergabe von Kredithilfen fortgesetzt wird. Allerdings ist dieser Kurs auf europäischer Ebene nicht unumstritten. Persönlich bewerte ich den IWF-Kurs, Griechenland zu unterstützen, für richtig. Geht Griechenland pleite oder tritt das Land aus dem Euroraum aus, so droht eine neue Finanzmarktkrise, die ähnliche Folgen hätte wie die Insolvenz des Investmenthauses Lehman Brothers 2008.

Wenn der neue Chefposten nicht mehr mit einem Europäer besetzt wird, ist dann mit einem Kurswechsel zu rechnen?

Bräuninger:

Der IWF ist hier mit den Zentralbanken vergleichbar. Die Institutionen geben maßgeblich die Grundrichtung vor. Dieser Kurs kann von der Direktion nur schwer umgekehrt werden. Es ist durchaus vorstellbar, dass der nächste Chef aus China, Brasilien oder einem lateinamerikanischen Land kommt. Der Wechsel wäre für die Industrieländer unproblematisch.

Wird das Image des IWF durch Strauss-Kahn beschädigt?

Bräuninger:

Strauss-Kahn hat jetzt erst mal ein extrem persönliches Problem. Es strahlt möglicherweise kurzfristig negativ auf die Organisation, wird aber ihre Kompetenz nicht nachhaltig beschädigen.