Verteidigungsminister Guttenberg soll in seiner Dissertation auch bei der „FAZ“ abgekupfert haben. Ein Experte erklärt bei abendblatt.de, was ein Plagiat ist.

München/Hamburg. Ehrerklärungen, neue Vorwürfe und erstes politisches Murren: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gerät wegen mutmaßlich abgeschriebener Teile seiner juristischen Doktorarbeit unter Druck. Die Universität Bayreuth will die Plagiatsvorwürfe untersuchen, während die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet: Guttenberg habe die Einleitung seiner Doktorarbeit aus einem „FAZ“-Artikel abgekupfert. Der einleitende Absatz der Arbeit decke sich fast wortwörtlich mit einem am 27. November 1997 erschienenen Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig über das Vorbild Amerikas für Europa, berichtete die „FAZ“ in ihrer Online-Ausgabe. Das Zitat sei bei Guttenberg weder im Text als solches kenntlich gemacht noch sei Zehnpfennig als Quelle angegeben, hieß es.

„Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus. Ich bin gerne bereit zu prüfen, ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten und würde dies bei einer Neuauflage berücksichtigen.“, erklärte Guttenberg. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht derzeit keinen Grund, aus den Plagiats-Vorwürfen Konsequenzen zu ziehen. Auf die Frage, ob Merkel die Vorwürfe im Zusammenhang mit dessen Doktorarbeit ernst nehme, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert aber: „Die Bundeskanzlerin hat davon wie der Rest der Republik gerade erst erfahren und interessiert sich dafür.“ Sie sei der Auffassung, dass die Aufklärung beim Ombudsmann der Universität Bayreuth in den richtigen Händen liege und es sinnvoll sei, das Verfahren abzuwarten.

Der „Bild-Zeitung sagte Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle: „Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit ist kein Plagiat. (...) Herr zu Guttenberg war einer meiner besten Seminaristen und Doktoranden.“ Der Berliner Verlag Duncker & Humblot, der die Dissertation verlegt hat, will vorerst nicht auf die Vorwürfe gegen den Autoren reagieren. „Für uns ist die Prüfung der Uni Bayreuth die maßgebliche Instanz, nicht von außen angetragene Vorwürfe“, sagte Geschäftsführer Florian Simon der Nachrichtenagentur dpa. „Eine Arbeit wird an einer renommierten Universität wie Bayreuth nicht zweimal mit „Summa cum laude“ bewertet, wenn Zweifel an der wissenschaftlichen Exzellenz bestehen“, sagte Simon. Im schlimmsten Fall könnte Guttenbergs Buch vom Markt genommen werden. Guttenbergs Dissertation ist einer Auflage von 400 Exemplaren erschienen – das sei bei wissenschaftlichen Schriftenreihen üblich, erklärte der Verlag. Rund 250 Bücher sind nach Unternehmensangaben verkauft worden.

Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen „ein dreistes Plagiat“ und „eine Täuschung“, sagte der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile.“ Guttenbergs Doktorarbeit trägt den Titel „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“.

Der Experte Ralph Schmidt, Professor für Theorie und Praxis der Informationsdienstleistung der HAW Hamburg, sagte zu abendblatt.de: „Es gibt in Deutschland einen festen Standard, wie man Bücher zitiert: die DIN-Norm 1505-2. Dort kann man nachlesen, wie Zitate in wissenschaftlichen Arbeiten zu kennzeichnen sind. Generell gilt, dass alle benutzten Quellen belegt werden müssen. Wenn man einen Gedanken oder eine Erkenntnis eines anderen Autoren in eigenen Worten wiedergibt, gilt dies auch als Zitat, das belegt werden muss.“ Jede Universität müsse selbst festlegen, was ein Plagiat sei. „Man muss aber schon eine böswillige Absicht des Autors erkennen können. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sich mehrere Absätze in unterschiedlichen Kapiteln auf andere Werke beziehen und dies nicht belegt wird.“ Schmidt sagte weiter:

„Ein Doktortitel kann aufgrund eines Plagiats entzogen werden. In den USA sind die Regelungen schärfer als in Deutschland, ein Student, der des Plagiats überführt wird, wird dort auch sofort der Uni verwiesen. Hier entscheidet die einzelne Hochschule, welche Konsequenzen sie zieht.“ Es gebe Computerprogramme, die wissenschaftliche Texte miteinander verglichen. „Eine einfachere Methode ist Google: Wenn ich in einer Arbeit einen Stilbruch entdecke, einen Satz oder Absatz, der sich stilistisch vom Rest unterscheidet, gebe ich die Schlüsselwörter des Satzes bei Google ein. Auf diese Art habe ich schon mehrere Studenten beim Abschreiben erwischt.“

Mit Material von dpa