Karl-Theodor zu Guttenberg soll in seiner Dissertation regelwidrig abgeschrieben haben. Das behauptet ein Professor nach einer Google-Recherche.

München/Hamburg. In Sachen Verteidigung ist er Profi – und Deutschlands zuständiger Minister. Deshalb hat Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) demonstrativ gelassen auf Vorwürfe reagiert, er habe Teile seiner juristischen Doktorarbeit an der Universität Bayreuth abgeschrieben. „Ich habe die Arbeit nach besten Wissen und Gewissen angefertigt“, erklärte Guttenberg über einen Sprecher. Der Ombudsmann für wissenschaftliche Selbstkontrolle der Uni Bayreuth befasse sich bereits mit der Angelegenheit. „Der ist dafür auch die richtige Stelle“, erklärte Guttenberg. „Dem Ergebnis der jetzt dort erfolgenden Prüfung sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen“.

Das tun nicht alle. Die SPD im bayerischen Landtag nutzt die Plagiatsvorwürfe gegen Guttenberg zu einer genüsslichen Attacke auf den beliebten CSU-Politiker. Guttenberg müsse seine eigenen Maßstäbe an sich selbst anlegen und bis zur Klärung der Vorwürfe auf die Verwendung seines Doktortitels verzichten, forderte Fraktionschef Markus Rinderspacher. „Eigentlich ist es der Minister seinem eigenen Ruf und Ansehen schuldig, hier selbst aktiv zu werden und nicht abzuwarten, bis die Plagiatsvorwürfe umfassend geprüft und endgültig geklärt sind.“ Seine „praktische politische Arbeit“ könne Guttenberg ja auch ohne Doktortitel fortsetzen.

Rinderspacher sprach von einem gravierenden Vorwurf gegen die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit Guttenbergs. Natürlich gelte für Guttenberg auch die Unschuldsvermutung. Weil er jedoch den Kapitän der „Gorch Fock“ bis zur Prüfung aller Vorwürfe vorläufig abgesetzt habe, solle der Minister jetzt „seiner eigenen Linie treu bleiben“ und vorerst auf seinen Titel verzichten, sagte Rinderspacher.

Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle wies die Vorwürfe in der Münchner „Abendzeitung“ als „absurd“ zurück. „Die Arbeit ist kein Plagiat“, betonte er.

Nach einem Style-Guide von Prof. Klaus F. Lorenzen von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (Fachbereich Bibliothek und Information) heißt es für wissenschaftliche Arbeiten: „Die Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen anderer bildet die Voraussetzung, mit der eigenen Arbeit einen sinnvollen Beitrag zum Erkenntnisfortschritt leisten zu können. Die Auswertung fremden Wissens ist also nicht nur fruchtbar, sondern sogar notwendig, um Irrtümer und Doppelarbeit zu vermeiden und noch offene Fragestellungen zu erkennen. Allerdings gehört es zu den wesentlichen Grundprinzipien der Wissenschaftlichkeit, alle benutzten Quellen zu belegen – ihre Herkunft anzugeben – , damit sie in ihrem primären Kontext eingesehen und überprüft werden können.“ Und es heißt dort weiter: „Gedankliche Anregungen, Übernahme von Ergebnissen und Erkenntnissen anderer Autoren, die man mit eigenen Worten in die eigene Arbeit einfließen lässt, sind sinngemäße Zitate, die genau so zu belegen sind wie wörtliche Zitate.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, Guttenbergs Dissertation von 2006 enthalte an mehreren Stellen fremde Texte, die nicht als solche ausgewiesen seien. Dabei handele es sich unter anderem um die wortgleiche Wiedergabe einiger Passagen eines Zeitungsartikels sowie einiger Sätze aus einem Vortrag. Die Texte seien nicht als Zitat in den 1000 Fußnoten oder der 50 Seiten langen Literaturliste der Dissertation aufgeführt.

Guttenbergs Doktorarbeit umfasst 475 Seiten, sie heißt „Verfassung und Verfassungsvertrag: konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“. Ihm wurde aufgrund dieser Arbeit im Jahr 2007 von der Universität Bayreuth der akademische Grad eines Doktors der Jurisprudenz verliehen. Der Jurist erhielt die Bestnote „summa cum laude“ („mit höchstem Lob“).

Der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano war dem Fall bei einer Google-Recherche auf die Spur gekommen, heißt es in der „SZ“. Sollte er des Abschreibens überführt werden, droht Guttenberg die Aberkennung des Doktorgrades. Der „Dr.“ ist juristisch gesehen kein Titel, sondern ein akademischer Grad. Das akademische Untersuchungsverfahren kann sich über Monate hinziehen.