Heiner Geißler: Die Deutsche Bahn soll nachweisen, dass ein Tiefbahnhof leistungsfähiger ist. Sonst sei die gesamte Schlichtung wertlos.

Stuttgart. Die Gegner von Stuttgart 21 wollen mit einem neuen Bürgerbegehren das Milliardenprojekt doch noch stoppen. Ziel ist ein Bürgerentscheid und der Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem umstrittenen Bahnprojekt, wie das Aktionsbündnis am Montag mitteilte. Die Finanzierung verstoße gegen das Grundgesetz, entsprechende Vereinbarungen seien damit verfassungswidrig. Die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde sei eine Bundesaufgabe. Weder die Stadt noch das Land hätten das Recht, sie pauschal mitzufinanzieren.

Die Gegner stützen sich auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Professor Hans Meyer von der Berliner Humboldt-Universität. Aus Artikel 104 a des Grundgesetzes ergebe sich das Verbot der Finanzierung des Baus von Eisenbahnen des Bundes durch die Länder und Gemeinden. Der Bau von Bahn-Infrastruktur ist grundsätzlich Sache des Bundes. „Es darf nicht sein, dass sich reiche Länder die Infrastruktur des Bundes „einkaufen“, die sich ärmere Länder nicht leisten können“, sagte Rechtsanwalt Bernhard Ludwig vom Arbeitskreis „Juristen zu Stuttgart 21“.

Es spreche nichts dagegen, wenn Stadt und Land auf eigene Kosten Verbesserungen – etwa beim Lärmschutz – finanzierten. Unzulässig sei es aber, wenn die Stadt wie geplant pauschal 291,8 Millionen Euro in den Bautopf für Stuttgart 21 wirft, hieß es. Über diese Zuschüsse müssten die Bürger somit abstimmen dürfen. Ein direkter Gang zum Bundesverfassungsgericht ist den Projektgegnern nach den Angaben nicht möglich. So schnell wie möglich wollen sie jetzt die notwendigen 20.000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid zusammentragen.

Über zwei Monate nach der Verkündung seines Schlichterspruchs hat Heiner Geißler eine sofortige Beteiligung von Gegnern des Bahnprojekts Stuttgart 21 am sogenannten Stresstest gefordert. „Die Deutsche Bahn darf nicht den Eindruck erwecken, sie wolle den Stresstest hinter verschlossenen Türen stattfinden lassen“, sagte Geißler den „Stuttgarter Nachrichten“. Die Simulation müsse in vollem Umfang transparent stattfinden, sonst sei das Ergebnis nicht viel wert.

Der Stresstest ist Teil des von Geißler am 30. November verkündeten Schlichterspruchs. Darin sprach sich Geißler für ein „Stuttgart 21 Plus“ aus, das leistungsfähiger, sicherer und ökologischer als das derzeitige Konzept sein müsse. In einer voraussichtlich mehrmonatigen Simulation soll die Bahn nachweisen, dass ein Tiefbahnhof zu Spitzenzeiten um 30 Prozent leistungsfähiger ist als der alte Kopfbahnhof.

Gegebenenfalls müsse die Zahl der Gleise von acht auf zehn erweitert und die Zufahrt zum Flughafen zweigleisig ausgebaut werden, forderte Geißler in seinem Schlichterspruch, der allerdings nicht bindend ist. Bei „Stuttgart 21“ wird der Stuttgarter Hauptbahnhof von einer Kopf- in eine unterirdische Durchgangsstation umgewandelt. Gegen das Projekt gibt es seit Monaten massive Proteste.