Die Europäische Union (EU) folgt dem deutsch-französischen Vorschlag für eine abgestimmte Wirtschaftspolitik der Euro-Länder.

Brüssel. Nach langem Zögern geht Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Offensive und kämpft für eine tiefgreifende Reform der Euro-Zone: Gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy stellte sie auf dem EU-Gipfel am Freitag ihren „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ vor, der die Währungsunion revolutionieren würde.

Ihr Plan: Ohne auf langwierige europaweite Beschlüsse zu warten, sollen sich die Euro-Partner zu konkreten Maßnahmen wie späteren Renten und moderaten Löhnen verpflichten. Nur so kann es nach Überzeugung der Kanzlerin gelingen, dass abgeschlagene Länder wie Griechenland, Portugal oder Spanien nicht weiter zurückfallen und damit die Währungsunion sprengen.

Um die Euro-Partner für ihren Pakt zu gewinnen, stieß Merkel am Freitag die Tür für die in der Koalition heftig bekämpfte Stärkung des Euro-Rettungsschirms auf. Der Gipfel sollte die Finanzminister der Währungsunion beauftragen, bis zum März konkrete Vorschläge für die „notwendige Flexibiliät und finanzielle Leistungsfähigkeit“ des Fonds zu machen. So hieß es im Entwurf der Abschlusserklärung.

Euro-Sondergipfel soll Weichen für Wettbewerbspakt stellen

Der Fonds verfügt derzeit effektiv nur über rund 250 Milliarden Euro, zugesagt sind aber 440 Milliarden Euro. Wie diese Summe erreicht werden kann, ist noch nicht beschlossen. Ein Vorschlag sieht vor, dass die sechs Staaten mit besten Bonitätsnoten ihre Garantiesumme erhöhen. Für Deutschland könnte dies eine Verdoppelung der Hilfe von derzeit rund 120 Milliarden Euro bedeuten. Die Staaten mit keiner optimalen Kreditwürdigkeit müssten Barmittel zuschießen.

Verhandelt wird derzeit auch noch, ob der Fonds zusätzliche Aufgaben erhalten soll. So gibt es die Forderung, dass er Altschulden etwa von Griechenland aufkaufen sollte, was Deutschland aber ablehnt. Diese Frage sowie die Ausgestaltung des permanenten Rettungsschirms für die Zeit ab 2013 sollen auf dem nächsten regulären Gipfel Ende März gelöst werden.

Noch zuvor soll ein Sondergipfel der 17 Euro-Staaten erste Weichen für Merkels und Sarkozys Wettbewerbspakt stellen. Von dem Gipfel am Freitag wurde ein Auftrag an EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erwartet, Beratungen mit den Mitgliedsstaaten aufzunehmen und in einem Bericht konkrete künftige Schritte aufzuzeigen. Dass Merkel und Sarkozy noch massive Überzeugungsarbeit leisten müssen, wurde am Freitag bereits klar. In ihrem Plan ist unter anderem vorgesehen, dass die Staaten ihre Rentensysteme der demografischen Entwicklung anpassen, Lohnsteigerungen begrenzen und ihre Unternehmensbesteuerung anpassen.

„Ich bin absolut dagegen“

„Ich bin absolut gegen die Vorschläge“, sagte der belgische Regierungschef Yves Leterme. Man sollte die Ergebnisse der Wettbewerbsfähigkeit beurteilen, und nicht die Mittel dorthin. „Wir haben ein besonderes sozialökonomisches Modell in unserem Land, und wir werden seine Eckpfeiler nicht beschädigen lassen.“ Damit erteilte er Merkels Forderung nach einem Stopp der Lohnindexierung eine klare Absage: In Belgien, Luxemburg und Portugal werden die Gehälter automatisch mit der Inflation angehoben.

Klare Vorbehalte kamen auch aus Österreich: „Ein Eingreifen in Lohnverhandlungen ist aus meiner Sicht falsch“, stellte Kanzler Werner Faymann klar. Auch einer einheitlichen Rentenpolitik erteilte er eine Absage. Er halte es nicht für möglich, dass das Pensionsalter einheitlich geregelt werde. „Da gibt es viele Unterschiede und unterschiedliche Voraussetzungen in einzelnen Ländern.“

Dennoch wollen Merkel und Sarkozy erreichen, dass sich die Euro-Staaten auf eine Umsetzung der Reformen binnen eines Jahres verpflichten. Der Euro sei nicht alleine eine Währung, sondern ein „poliltisches Projekt“, sagte die Kanzlerin. Um dieses zu erhalten, müssten die Euro-Staaten enger zusammenwachsen können. Fraglich ist allerdings, wie Verstöße gegen den Pakt verhindert werden sollen. Denn Sanktionen müssten die betroffenen Staaten dann gegen sich selbst verhängen.