Die Koalition ist uneinig über die ACTA-Regeln zum Urheberrecht. SPD für Debatte im Bundestag, Piratenpartei fordert freien Tausch von Daten im Netz.

Berlin. Die Bundesregierung hält das umstrittene internationale Urheberrechts-Abkommen ACTA für sinnvoll und notwendig. ACTA sei wichtig, um Produktpiraterie einzudämmen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Schutz geistigen Eigentums müsse auch im digitalen Raum gelten. Seibert sagte, das Abkommen enthalte - anders als Kritiker behaupten - keine Regelungen zu Netzsperren. Es ziehe zudem keine Änderungen in der Rechtslage in Deutschland und in Europa nach sich.

Doch einig ist sich die schwarz-gelbe Koalition nicht. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verlangt rechtliche Klarheit von der EU-Kommission. Ihr Ministerium will das von der Kommission geforderte ACTA-Abkommen nicht unterzeichnen, bis sich das EU-Parlament abschließend eine Meinung zu ACTA gebildet habe. "Europaparlamentarier stellen die Frage, ob die Kommission neue Rechtsetzung beabsichtigt. Diese Frage muss umfassend beantwortet werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Passauer Neuen Presse".

Das Abkommen zwischen der EU, den USA und neun weiteren Ländern soll das Vorgehen gegen Produktpiraterie, Fälschungen und Verstöße gegen das Urheberrecht vereinheitlichen - auch für das Internet. Kritiker bemängeln zwei Punkte: Bei den Verhandlungen um ACTA fehle es an Einbindung der Öffentlichkeit. Auch gefährde das Abkommen Meinungsfreiheit im Internet. Gegner von ACTA melden Datenschutzbedenken an, da Telekommunikationskonzerne gezwungen werden könnten, zahlreiche Daten ihrer Kunden zu speichern und weiterzugeben.

+++Acta sorgt weiter für politische Kontroverse+++

Vor allem die Piratenpartei sieht ACTA kritisch. Es zementiere längst überkommene Vorstellungen des Urheberrechts, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Piraten, Bernd Schlömer, dem Abendblatt. Deutschland brauche ein Urheberrecht, das zum digitalen Zeitalter passe. "So wünschen wir uns unter anderem, dass Informationen und Daten im Netz frei getauscht werden können, sofern die Nutzer keine kommerziellen Ziele damit verfolgen." ACTA konterkariere dies.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte die Bundesregierung auf, das Abkommen gründlich zu prüfen. Es sei mehr als wahrscheinlich, dass die Maßnahmen "gravierende Auswirkungen auf den Datenschutz" haben könnten, schrieb Schaar im "Datenschutz-Forum".

Die SPD unterstützt die Haltung von Leutheusser-Schnarrenberger. Die Ministerin reagiere spät, aber noch rechtzeitig, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, dem Abendblatt. "Es gilt, ACTA vorerst zu stoppen." Notwendig sei eine Debatte im Parlament, nicht nur im Deutschen Bundestag, sondern auch im Parlament der EU. "Auch eine Überprüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof ist notwendig", sagte Lambrecht. Nach Demonstrationen von mehreren Zehntausend Menschen allein in Deutschland gegen das Anti-Piraterie-Abkommen war die Diskussion über das Urheberrecht im Internet neu entbrannt. Polens Regierung legte die Ratifizierung nach Protesten auf Eis.