Politiker sprachen sich für den rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck aus. Ein FDP-Landesverband weiß sogar noch nicht, für wen er stimmen wird.

Berlin. Im schwarz-gelben Lager gibt es Kritik an der Nominierung von Christian Wulff für das Bundespräsidentenamt und Sympathie für den rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck. „Herr Gauck ist eine hervorragende Idee. Er ist politisch im Pulverdampf erprobt, kommt aber nicht aus der Parteikiste“, sagte die ehemalige FDP-Präsidentschaftskandidatin Hildegard Hamm-Brücher der „Welt am Sonntag“. Sie unterstütze Gauck.

Der langjährige brandenburgische CDU-Vorsitzende Jörg Schönbohm sagte dem „Spiegel“, er frage sich, warum es nicht möglich gewesen sei, „sich im bürgerlichen Lager mit der SPD auf Gauck zu einigen“. Schönbohm sitzt bei der Wahl am 30. Juni in der Bundesversammlung.

Trotz Stimmen wie dieser erklärte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, er zweifle nicht daran, „dass CDU, CSU und FDP in der Bundesversammlung geschlossen für Wulff“ stimmten. Die „billigen Attacken von SPD und Grünen auf Christian Wulff“ zeigten, dass die Opposition nichts dazugelernt habe. Schon deren Äußerungen über Horst Köhler hätten „eindeutig den nötigen Respekt vermissen lassen“, sagte Gröhe dem Abendblatt.

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Der sächsische FPD-Vorsitzende Holger Zastrow sagte der „Welt am Sonntag“, es gebe keinen Blankoscheck für den Kandidaten der schwarz-gelben Koalition, Christian Wulff. „Ich persönlich habe große Sympathien für Joachim Gauck.“

Der Fraktionschef der FDP im Landtag von Sachsen-Anhalt, Veit Wolpert, sagte: „Wir werden in der Fraktion darüber zu sprechen haben, ob wir trotz Bedenken mit Herrn Wulff leben können.“ Er sprach von einer „massiven Verärgerung“ darüber, dass die Länder von Parteichef Guido Westerwelle nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen worden seien. Der thüringische FDP-Generalsekretär Patrick Kurth erklärte, sein Landesverband habe noch nicht entschieden, ob er Wulff oder Gauck unterstütze.

Wulff betonte in der „Bild“-Zeitung, er sei weder zur Kandidatur gedrängt worden, noch habe er sich beworben. Auch habe er die lange als Favoritin gehandelte Ursula von der Leyen (CDU) nicht verdrängt. Gerüchte, er habe der Kanzlerin mit Rücktritt gedroht, falls er nicht nominiert werde, seien „Unfug“.

Seine Chance habe er „beherzt und mit Demut ergriffen“. Als reizvoll an der neuen Aufgabe empfinde er „die Möglichkeiten, auf Menschen zuzugehen, etwas für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu tun und die schwierigen Jahre, die vor uns liegen, zu erklären“, sagte Wulff.

Auch Gauck forderte die Deutschen dazu auf, den aktuellen Krisen mit Tatkraft und nicht nur mit Furcht zu begegnen. Es sei wichtig, den Menschen zu sagen, dass sie „trotz krisenhafter Entwicklungen und vielleicht auch trotz Verlusten eine gute Zukunft haben“ könnten.

Angesichts massiver Vorbehalte von Seiten der Linken signalisierte Gauck seine grundsätzliche Bereitschaft, sich vor der Wahl mit der Linkspartei im Bundestag zu treffen. Er sei aber „skeptisch gegenüber denen, die sich nicht eindeutig verabschieden können von einer Diktatur – und die eine Diktatur nicht Diktatur nennen können“. Gauck erklärte, er hätte sich auch von Union und FDP aufstellen lassen.

Die Linke will offenbar zu Beginn der kommenden Woche einen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl präsentieren. Wie Parteichef Klaus Ernst der „Thüringer Allgemeinen“ sagte, werde es sich „mit höchster Wahrscheinlichkeit“ um eine Frau handeln.