Dirk Niebel ist gegen höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung: „Der Staat hat Geld wie Heu, er gibt es nur an der falschen Stelle aus.“

Hamburg. Kaum hat die Bundesregierung ihr erstes Steuersenkungspaket beschlossen, denkt sie schon über höhere Sozialbeiträge nach. Wegen des Rekorddefizits im Haushalt will die schwarz-gelbe Koalition offenbar den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung vom Jahr 2011 an erhöhen. Ohne einen solchen Schritt werde die Regierung auf Jahre hinaus viele Milliarden an die Bundesagentur für Arbeit (BA) überweisen müssen, heißt es in Fraktionskreisen in Berlin.

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat sich klar gegen eine Erhöhung der Arbeitslosenversicherung ausgesprochen und stattdessen einen Subventionsabbau gefordert. „Ich bin dafür, jede Subventionsmaßnahme auf ihren Sinn zu überprüfen“, sagte Niebel dem Hamburger Abendblatt (Mittwoch-Ausgabe). „Das gilt für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz, aber auch für anderen Subventionsirrsinn.“ Um die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten, müsse die Regierung die Ausgabendisziplin erhöhen.

Niebel betonte: „Der Staat hat Geld wie Heu, er gibt es nur an der falschen Stelle aus.“ Der Minister nannte dazu ein Beispiel: „Wer soll denn verstehen, dass getrocknete Schweineohren für den menschlichen Verzehr dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen und getrocknete Schweineohren für den nicht menschlichen Verzehr dem normalen Steuersatz?“

Der FDP-Politiker wandte sich zugleich gegen eine Erhöhung des Arbeitslosenbeitrags über die feststehenden 3,0 Prozent hinaus. „Ich warne vor Beitragssteigerungen, die darüber hinausgehen. Wir dürfen den Faktor Arbeit nicht zusätzlich belasten“, sagte Niebel.

Auch der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, ist „strikt dagegen, dass wir Sozialabgaben erhöhen“. „Wir müssen alles vermeiden, was Arbeit in Deutschland teurer macht“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU- Bundestagsfraktion und Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs. „Wir sollten lieber auf Steuersenkungen verzichten, als die Sozialbeiträge zu erhöhen“, sagte Fuchs der „Bild“-Zeitung. Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, sagte „Spiegel Online“: „Sparen, nicht erhöhen, lautet das Motto.“ Er schlug vor, „weitere Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung zu prüfen und versicherungsfremde Leistungen auszulagern“.

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sah im „Kölner Stadt-Anzeiger“ bei der Bundesregierung „ein hohes Maß an Hilflosigkeit, wie sie Klientelgeschenke in Form von Steuersenkungen und die Konsolidierung des Haushalts unter einen Hut bringen will“. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erwartet als Folge des umstrittenen Steuersenkungspakets der Bundesregierung höhere Kindergartengebühren

Laut Niebel will die Koalition nach wie vor an weiteren Steuersenkungen fest. „Im kommenden Jahr leiten wir eine Steuerstrukturreform ein, wie wir das im Koalitionsvertrag festgelegt haben. Der Stufentarif kommt, und zwar in dieser Wahlperiode. Ob es am Ende drei, vier oder fünf Stufen sein werden, ist dabei nicht entscheidend“, so Niebel. „Diese Regierung ist angetreten, um Steuern zu senken, also wird sie das weiter tun. Manche Kollegen in der Union sollten sich dran erinnern, dass Verträge einzuhalten sind: Pacta sunt servanda.“ Der Minister betonte: „Steuererhöhungen sind mit der FDP nicht zu machen.“

Auch der Präsident des Wirtschaftsrats der CDU, Kurt Lauk, forderte im Hamburger Abendblatt einen Subventionsabbau. „Die nächsten Jahre werden dadurch gekennzeichnet sein, dass wir alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen müssen. Die Belastungsgrenze der Steuerzahler ist erreicht.“

Steuererleichterungen und Haushaltskonsolidierung seien „kein Widerspruch, sondern bedingen einander“. Auch Lauk will an einer Strukturreform festhalten: „Eine Vereinfachung des Steuerrechts ist dringend notwendig. Genauso dringend notwendig ist jedoch die Haushaltskonsolidierung.“ Es sollten daher „so viele Effizienzsteigerungen wie möglich in Bund, Ländern und Kommunen realisiert werden“. Konkret nannte der CDU-Politiker den Subventionsabbau: „Allein der Bund weist immer noch 21 Milliarden Euro an Subventionen zu.“