20 Jahre nach dem Mauerfall ist die Witwe des Staatsratsvorsitzenden unerschütterlich. Margot Honecker preist den Sozialismus.

Santiago de Chile/Hamburg. Das Jubiläum naht, doch nicht alle Deutschen wollen feiern: 20 Jahre nach dem Mauerfall preist die Witwe von Erich Honecker die DDR. In einem Internet-Video sagte Margot Honecker (82), 50 Prozent der Ostdeutschen lebten heute im Kapitalismus schlechter und erinnerten sich an die „schöne Zeit (...) in unserer DDR“.

Die frühere DDR-Volksbildungsministerin, die in Santiago de Chile lebt, ist in dem Video bei einer Feier vor einer DDR-Fahne zu sehen. In einem in der ARD ausgestrahlten „Panorama“-Beitrag hatte sie ein Interview abgelehnt. „Sie können machen, was sie wollen, es ist nicht totzukriegen“, sagte Honecker in dem Video zur DDR. Honecker war mehr als Vierteljahrhundert – von 1963 bis zum Herbst 1989 – Bildungsministerin. Sie galt als dogmatisch und als heimliche Machthaberin im Arbeiter- und Bauern-Staat. Seit 1992 ist die Ex- Ministerin im chilenischen Exil. Ihr Mann Erich lebte nach der Einstellung seines Prozesses wegen der Mauertoten nur noch kurz bei ihr. Er starb 1994.

Chile hatte die Honeckers in einem „humanitären Akt“ in Erinnerung an solidarische DDR-Zeiten aufgenommen. Anfang der siebziger Jahre waren tausende Pinochet-Flüchtlinge in die DDR gekommen. Margot Honecker konstatierte nun einen „großen Feldzug gegen die sozialistische DDR“. Offensichtlich hielt die Pensionärin ihre Rede bei einer Feier zum DDR-Jahrestag in Chile. Die DDR wurde vor 60 Jahren am 7. Oktober 1949 gegründet. Die Runde in dem Video sang auch deutsche Kampflieder.

40 Jahre DDR hätten Spuren hinterlassen, auch in Deutschland, sagte Honecker. „Alles, was wir geschafft haben in 40 Jahren, das ist nicht mehr wegzukriegen.“ Noch im August 1989 hatte ihr Mann Erich als Staats- und Parteichef erklärt: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“

Sie sei mit Blick auf politische Veränderungen und „eine andere Gesellschaft“ optimistisch, sagte Margot Honecker. Mit der „Arbeiterklasse“ werde es weiter bergab gehen, es werde mehr Arbeitslose und mehr soziale Abstriche geben. „Das wird man nicht mehr hinnehmen.“

Honecker hat offenkundig die Bundestagswahl aufmerksam verfolgt. Die CDU als „Partei der Bourgeoisie“ habe Stimmen verloren und gehe nun eine Koalition mit der „Partei der Unternehmer“, der FDP, ein. Aber die linke Partei habe einen Stimmenzuwachs geschafft.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), kritisierte den Auftritt. Er forderte im Fernsehsender N24: „Ich finde, man muss sich offensiv damit auseinandersetzen, dass Sozialismus eben keine Option ist.“ Man müsse sich davon verabschieden, dass diese Idee in der DDR gut gewesen und nur schlecht umgesetzt worden sei. (dpa/HA)