Behördenvetreter in Afghanistan sprechen von einem Luftangriff auf eine Hochzeitsfeiert mit 18 getöteten Zivilisten. Nato dementiert dies.

Kabul. Ein angeblicher Luftangriff der Nato auf Zivilisten hat in Afghanistan für Empörung gesorgt. Nach Angaben örtlicher Behördenvertreter wurden bei einem Militäreinsatz im Osten des Landes 18 Gäste einer Hochzeitsfeier getötet. Ein Nato-Sprecher sprach dagegen am Mittwoch von einem Hubschraubereinsatz gegen Mitglieder der radikalislamischen Taliban, Informationen über getötete Zivilisten lägen ihm nicht vor. Zugleich kamen bei einem dreifachen Selbstmordanschlag in der Stadt Kandahar nach Angaben der Polizei mindestens 22 Menschen ums Leben.

Der Hubschraubereinsatz ereignete sich laut Nato-Angaben in den frühen Morgenstunden im Bezirk Baraki Barak. Ein Fotograf sah die Leichen von fünf Frauen, sieben Kindern und sechs Männern. Dorfbewohner brachten die Toten aus Protest gegen den Luftangriff in einem Kleinbus in die Hauptstadt der Provinz Logar. Nach Angaben des Ortsvorstehers Mohammed Wali handelte es sich bei allen Opfern um Gäste einer Hochzeitsfeier. "Das Haus ist komplett zerstört“, sagte er.

Der Leiter der Polizei in der Provinz, Ghulam Sakhi Roogh Lauanai, sagte indes, es habe keine Hochzeitsfeier gegeben. Seinen Angaben zufolge fand in dem Haus ein Treffen von Taliban-Anführern aus der Region statt. Ein weiterer Polizeivertreter sagte, sieben Taliban-Verantwortliche seien bei dem Angriff getötet worden.

Nato-Sprecher Martyn Crighton zufolge hatte ein Einsatzkommando auf der Jagd nach einem örtlichen Taliban-Anführer Luftunterstützung angefordert. "Mir liegen keine Berichte vor, wonach ich den Tod von Zivilisten bestätigen könnte“, sagte er.

Wenige Stunden später stürzte laut Nato-Angaben ebenfalls im Osten Afghanistans ein Hubschrauber der internationalen Koalition ab. Dabei kamen demnach zwei Nato-Piloten ums Leben. Nähere Einzelheiten wurden nicht genannt. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid teilte in einer Email mit, die Rebellen hätten den Hubschrauber abgeschossen.

Im südlichen Kandahar kam es ebenfalls am Mittwoch zu einem dreifachen Selbstmordanschlag. Zuerst habe sich ein Attentäter mit einem Motorrad auf einem Marktplatz in die Luft gesprengt, schilderte ein ranghoher Polizeivertreter. Als sich anschließend eine Menschenmenge am Ort der Explosion versammelt hatte, kamen demnach zwei weitere Attentäter und zündeten ihre tödlichen Bomben. Unter den 22 Toten waren den Angaben zufolge acht Sicherheitskräfte, mindestens 50 Menschen wurden verletzt. Die Taliban bekannten sich später zu den Anschlägen.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilte die Gewalttat. Seiner Einschätzung nach zeige die Ermordung von Zivilisten jedoch, dass der Feind schwächer werde.

Die asiatischen Staaten erklärten derweil, dass sie künftig eine größere Rolle bei der Stabilisierung Afghanistans spielen wollen. Vor allem China wolle nach dem Abzug der meisten US-Streitkräfte Ende 2014 mehr Verantwortung übernehmen, hieß es auf einem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen in den ersten vier Monaten des Jahres mehr als 570 Zivilisten in Afghanistan durch den Einfluss von Gewalt ums Leben. 79 Prozent der Fälle gehen demnach auf Aktionen von Aufständischen zurück, die afghanischen und internationalen Einsatzkräfte sind für neun Prozent verantwortlich. Unklar ist, wer die übrigen zwölf Prozent zu verantworten hat. (abendblatt.de/dapd)