Die Reform ist gescheitert. Schwerer Dämpfer für Nick Cleggs Liberaldemokraten, den Juniorpartner von Premierminister David Cameron.

London. Die Wahlrechtsreform in Großbritannien ist Umfragen zufolge gescheitert. Die Liberaldemokraten um Vizeregierungschef Nick Clegg, die eine Änderung des Wahlrechts im vergangenen Jahr zur Bedingung für eine Koalition mit den Konservativen um Premierminister David Cameron gemacht hatten, müssen laut Nachwahlbefragungen mit einer herben Niederlage rechnen. Demnach sprach sich eine deutliche Mehrheit der Briten am Donnerstag für die Beibehaltung des bisherigen Mehrheitswahlrechts aus. Die Liberalen waren für den Wechsel zu einem Alternativstimmenwahlrecht eingetreten, das die Chancen kleinerer Parteien verbessern sollte.

Kritiker bemängeln, dass Wahlergebnisse nach dem bestehenden Mehrheitswahlrecht nicht die Wählerzahl einer Partei widerspiegeln, sondern nur gewonnene Wahlkreise. Nach dem Mehrheitswahlrecht gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen den Wahlkreis, ohne eine bestimmte Prozenthürde überwinden zu müssen. Beim Alternativstimmen-Wahlrecht könnten die Wähler dagegen die Kandidaten nach ihrer Vorliebe auf eine Rangliste schreiben. Um einen Wahlkreis zu gewinnen, muss ein Kandidat bei mindestens der Hälfte der Wähler auf Platz eins der Liste stehen.

Sollte kein Kandidat 50 Prozent erhalten, scheidet derjenige mit dem geringsten Stimmenanteil aus und sein Anteil wird entsprechend der Rangliste seiner Wähler auf die übrigen Kandidaten verteilt. Dieses Prozedere wird so lange fortgesetzt, bis ein Kandidat auf 50 Prozent der Stimmen kommt.

Auch bei den Kommunalwahlen, die in einem Drittel der Städte und Gemeinden stattfanden, unterlagen die Liberalen deutlich. Die Partei verlor ersten Ergebnissen zufolge die Mehrheit in ihrer Hochburg Sheffield an die Labour-Partei. In Manchester, wo sie bisher mit zwölf Abgeordneten im Stadtrat vertreten waren, werden die Liberalen dem Gremium künftig nicht mehr angehören. Weitere Ergebnisse legten die Vermutung nahe, dass die Partei ihr schlechtestes Ergebnis seit den 1980-er Jahren einfuhr.

„Wir haben eindeutig schlechte Ergebnisse erzielt und müssen Lehren daraus ziehen“, sagte Parteichef Clegg in einer ersten Reaktion im britischen Fernsehsender Sky News. Die „Beunruhigung“ in der Bevölkerung führte er vor allem auf das harte Sparprogramm der Regierung zurück. Einen Rückzug aus der Regierung mit den Tories schloss Clegg jedoch aus. „Wir müssen Arbeitsplätze schaffen, die begonnene Arbeit muss abgeschlossen werden“, sagte er.

In Schottland, wo parallel ein neues Regionalparlament gewählt wurde, trug die Partei der schottischen Nationalisten einen deutlichen Wahlsieg davon. Sie hatte bisher eine Minderheitsregierung geführt und konnte der oppositionellen Labour-Partei eine Reihe von Sitzen wegnehmen. Die Partei plant ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands. Zum Ausgang der Abstimmungen über die Regionalparlamente in Wales und Nordirland lagen zunächst keine Angaben vor. (AFP)