Trotz des verpassten Wahlsiegs hat die SPD-Spitzenkandidatin Kraft ihren Führungsanspruch in NRW bekräftigt. Doch mit wem will sie regieren?

Düsseldorf. Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist unklar, welches Bündnis das Land künftig mit einer stabilen Mehrheit regieren kann. Nur eines ist nach dem spannendsten Wahlabend seit langem klar: Die Wähler haben die schwarz-gelbe Koalition von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) klar abgewählt.

Trotz erdrutschartiger Verluste von gut zehn Prozentpunkten bleibt die CDU mit einem hauchdünnen Vorsprung zwar stärkste politische Kraft in Nordrhein-Westfalen. Und ihr Koalitionspartner die FDP blieb bei 6,7 Prozent stabil (plus 0,6 Prozentpunkte). Doch die Mehrheit verloren CDU und FDP im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Die SPD kam auf 34,5 Prozent (minus 2,6 Prozentpunkte). Die beiden großen Parteien trennten damit nur 2.600 Stimmen. Die Grünen legten um 5,9 Prozentpunkte auf 12,1 Prozent kräftig zu. Und die Linken ziehen erstmals in den Düsseldorfer Landtag ein. Sie erreichten 5,6 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,3 Prozent und damit noch einmal deutlich unter der Quote der letzten Landtagswahl von 2005 von 63 Prozent.

Den Führungsanspruch in NRW erhebt nach der Wahl die SPD-Spitzenkandidatin, Hannelore Kraft. Doch mit wem will sie koalieren? In Frage kommen angesichts des Ergebnisses nur eine große Koalition und ein rot-rot-grünes Bündnis. Eine große Koalition mit der CDU schloss Kraft am Montagmorgen im WDR nicht aus. Mit Blick auf den amtierenden CDU-Regierungschef Jürgen Rüttgers sagte sie aber: „Dieser Ministerpräsident ist so deutlich abgewählt worden – wir haben einen klaren Führungsanspruch für dieses Land.“ Zugleich bekräftigte Kraft ihre seit Wochen wiederholte Position, dass sie die Linkspartei nicht für regierungsfähig hält. Details zu den nun beginnenden Koalitionsverhandlungen wollte Kraft nicht nennen: „Wir werden das ganz in Ruhe in der Partei miteinander beraten.“

Angesichts der Pattsituation nach der Wahl sprach sich CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe für eine große Koalition aus. Er sagte am Montag im ARD-„Morgenmagazin“ mit Blick auf ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis: „Ich sehe in der Tat eine gemeinsame Verantwortung, Linksextremisten von der Regierungsverantwortung auszuschalten.“ Angesichts der künftigen Machtverteilung im Bundesrat rückte Gröhe von Steuersenkungen in dieser Legislaturperiode ab. „Das ist sicher nicht wahrscheinlicher geworden.“

Die Grünen-Spitzenkandidatin, Sylvia Löhrmann, zeigte sich grundsätzlich auch offen für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP gezeigt. „Wir sind natürlich auch bereit, mit der FDP zu sprechen“, sagte sie am Montag im ARD- „Morgenmagazin“. Deren Spitzenkandidat Andreas Pinkwart habe allerdings eine Ampel ausgeschlossen, sagte Löhrmann. „Das ist eine Verweigerung von Gesprächen, das muss man dann bewerten.“ Zunächst werde ihre Partei „zeitnah“ mit der SPD über ein rot-rot-grünes Bündnis sprechen. „Die SPD muss klären, ob sie bereit ist, sich von der Linkspartei wählen zu lassen.“ Die Linke wiederum müsse zeigen, ob sie Verantwortung übernehmen wolle. Vieles im Wahlprogramm weise nicht darauf hin, sagte Löhrmann.

Pinkwart hatte zuvor bekräftigt, dass die FDP für eine mögliche Ampelkoalition mit SPD und Grünen nicht zur Verfügung. „Wir haben vor der Wahl gesagt, dass wir nicht bereit sind mit Parteien zu koalieren, die sich eine Option auf die Linken offen halten“, sagte Pinkwart am Montag im „Morgenmagazin“ der ARD. Sozialdemokraten und Grüne hätten hier „keine klare Kante“ gezeigt.

Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe in der SPD- Bundestagsfraktion, Axel Schäfer, appellierte hingegen indirekt an die FDP, sich Gesprächen nicht zu verweigern. 2005 habe es auf Bundesebene nach der Wahl eine ähnliche Situation ohne klare Mehrheiten gegeben, und die FDP habe Gespräche mit der SPD kategorisch ausgeschlossen. „Ich hoffe, so eine Situation werden wir in Düsseldorf nicht bekommen“, fügte Schäfer im Deutschlandradio Kultur hinzu.