Die CDU um Ministerpräsident Peter Harry Carstensen rutschte bei zweistelligen Stimmenverlusten von fast 51 Prozent deutlich unter die 40-Prozent-Marke. Die SPD mit Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner fuhr das schlechtestes Ergebnis aller Zeiten ein.

Kiel. Frust bei den großen Parteien, Jubel bei den kleinen: Während die Koalitionspartner der Landeshauptstadt eine schwere Schlappe einstecken mussten, freuten sich die kleinen Parteien riesig. Das gilt auch für die Linke, die bisher bedeutungslos war.

Auf 38,6 Prozent kam die CDU nach dem vorläufigen Landesendergebnis. Die SPD rangierte demnach bei 26,6 Prozent, die Grünen holten 10,3 die FDP 9,0 und die Linke 6,9 Prozent. Einen Negativrekord gab es bei der Wahlbeteiligung: Nicht einmal jeder Zweite ging an die Urne. Das hatte auch die bittere Nebenwirkung, dass die rechtsextreme NPD in Kiel und im Kreis Herzogtum Lauenburg mit relativ wenig Stimmen je ein Mandat bekam - auch eine Folge des Wegfalls der Fünf-Prozent-Hürde nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Sichtlich angeschlagen traten Carstensen und Stegner nach Bekanntgabe der ersten Zahlen vor die Presse. Sie sind trotz gemeinsamer Koalition erbitterte Rivalen und versuchten vom eigenen Debakel abzulenken. "Wir haben auch nicht erfolgreich abgeschnitten, aber der Wahlverlierer des heutigen Tages ist neben der Demokratie Herr Carstensen", sagte Stegner. Der Regierungschef attackierte seinen ehemaligen Innenminister vor laufenden Fernsehkameras. "Sie sind derjenige, der die Linken hoffähig gemacht hat", sagte der Regierungschef. Und er wiederholte in der Live-Sendung des NDR eine Bosheit aus dem Wahlkampf: Mit Stegner-Fotos auf Wahlkampfplakaten hätte die CDU noch besser abgeschnitten.

Dann wurden die Rivalen fast philosophisch, "Ich bin nicht enttäuscht, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden", äußerte Carstensen (61). "Das ist ein Ergebnis mit Licht und Schatten", meinte Stegner (48) nach dem schlechtesten Resultat aller Zeiten.

Die Differenz zur CDU ist für die SPD zwar von 21 Prozentpunkten vor fünf Jahren auf 12 Punkte gesunken, doch mit Blick auf die angestrebte Spitzenkandidatur zur Landtagswahl in zwei Jahren ist das Ergebnis eine schwere Enttäuschung für Stegner. "Schön ist es nicht", bekannte auch Carstensen. Gemeinsam mit seiner Freundin Sandra Thomsen musste er im Fernsehen verfolgen, dass seine Partei etwa in Lübeck ihr 2003er Ergebnis halbiert hat. Carstensen sprach von einem "Erdrutsch". Noch ein paar Interviews, einige interne Gespräche, etwas essen und trinken, dann ging es für ihn nach Berlin, zur Wahlnachlese am Montag mit der Bundespartei.

Allgemeine Wählerunzufriedenheit mit der Politik in Land, Bund und im eigenen Ort dürfte beide Koalitionsparteien viele Stimmen gekostet haben, bei der SPD schlägt zusätzlich ihr bundesweites Stimmungstief zu Buche. "Der Bundestrend war auch nicht übertrieben günstig", meinte Stegner lakonisch. Schon 2003 war die Nord-SPD für die Agenda-Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder abgestraft worden, und auch diesmal kam aus Berlin eher Gegenwind. Mit 29,3 Prozent hatte die SPD 2003 ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis eingefahren. Die CDU schnitt damals mit 50,8 Prozent sensationell gut ab, eroberte die meisten Rathäuser mit absoluten Mehrheiten.

Die SPD hatte sich im Wahlkampf als linke Volkspartei dargestellt und wollte damit auch den Spielraum der Partei Die Linke einengen. Das ging nicht so auf wie gewünscht. "Das ist ein großer Erfolg für die Linken", freute sich deren Landessprecher Lorenz Gösta Beutin über unverhoffte 6,9 Prozent. "Super - hervorragend für uns", jubelte auch die grüne Landesvorsitzende Marlies Fritzen angesichts von über zehn Prozent.

Ebenso wie durchweg die kleinen Parteien haben auch die Wählergruppen zugelegt - von 2,6 auf 5,1 Prozent. Oft lag das Ergebnis noch weit höher. In der kreisfreien Stadt Flensburg zum Beispiel wurde eine Wählergruppe wahrscheinlich sogar aus dem Stand stärkste Kraft, gefolgt vom Südschleswigschen Wählerverband. CDU und SPD bestraften die Wähler mit den Plätzen 3 und 4.