Hamburg. Jazz ist chaotisch wie das Leben, aber fairer.

Ich mag Jazz. Jazz ist chaotisch wie das Leben, aber fairer. Bei einem Jazz-Konzert tritt jeder und jede aus der Kombo nach vorn an die Bühne, um zu zeigen, was sich aus dem Instrument so rausholen lässt. Die anderen halten im Hintergrund das Tempo. Das Publikum applaudiert jedem Solo: Einer für alle, alle für eine. Es zählt nicht, wer du bist, woher du kommst, mit wem du schläfst, sondern, wie du mit deinem Arbeitsgerät umgehst.

Junge Menschen neigen derzeit dazu, den Menschen auf ein einziges Merkmal zu reduzieren: Hautfarbe, Neigungen, Herkunft. Diese Fixierung führt zu Forderungen wie der, dass nur junge schwarze Übersetzerinnen die Gedichte der jungen, schwarzen Schriftstellerin Amanda Gorman übersetzen mögen. Der Jazz schafft nun das Gegenteil, nämlich Identitäten bis zur Bedeutungslosigkeit zu verknäulen, wie der Universalgelehrte Thomas Steinfeld am Beispiel des Trompeters Don Cherry aufzeigt.