Hamburg. Abendblatt-Kolumnist Hajo Schumacher entdeckt in Kämpfen von Politikern einige Parallelen zum Boxen. Roh, offen und transparent.

Vor 50 Jahren durfte ich Knirps ausnahmsweise nachts vor den Fernseher. Nein, nicht wegen der Mondlandung, die war zwei Jahre zuvor, sondern für etwas sehr Irdisches: den Kampf des Jahrhunderts, Muhammad Ali gegen Joe Frazier, im Madison Square Garden. Eigentlich bescheuert: Zwei hauen sich so lange aufs Maul, bis einer nicht mehr kann, die Welt schaut zu, und hinterher vertragen sich die beiden wieder, halbwegs.

Politik ist wie Boxen. Die einen halten die Duelle dort für sinnlose Gewalt, die anderen für eine archaische Kunstform. Finten, Tänzeln, Lauern, unbändige Kraft, rockyhaftes Einstecken, großes Theater. Künstliche Intelligenz hin, Achtsamkeit her – das menschliche Miteinander gipfelt immer wieder im Duell, ob mittags auf der Dorfstraße, über 100 Meter bei Olympia oder eben bei der Kanzlerkandidatur der Union.