Berlin. Die neue Staffel der ARD-Serie „Weissensee“ erzählt von den Ereignissen im Wendejahr 1990, als die DDR noch nicht ganz Geschichte war.

„Die Vergangenheit“, sagt Florian Lukas einmal ahnungsvoll, „das ist noch nicht vorbei.“ Der Satz könnte als Leitmotto stehen über der ganzen vierten Staffel von „Weissensee“, die ab Dienstag in der ARD ausgestrahlt wird. Staffel drei über die Ost-Berliner Stasi-Familie Kupfer endete vor drei Jahren mit dem Mauerfall. Damit enden ja so gut wie alle Dramen, die in der DDR spielen. Als ob danach nur noch die D-Mark, die Wiedervereinigung und die blühenden Landschaften gekommen wären.

Staffel vier beginnt im März 1990, als die Mauer schon gefallen, die DDR aber noch nicht ganz Geschichte war. Und sie zeigt schonungslos, wie die DDR-Bürger, die doch für die friedliche Revolution auf die Straße gegangen sind, über den Tisch gezogen, wie ihre Betriebe plattgemacht werden, weil die großen Konzerne aus dem Westen die DDR-Bürger zwar als Konsumenten umwerben, nicht aber als Konkurrenten dulden.

Es gibt wieder eine unmögliche Liebe

Wie in jeder Staffel gibt es wieder eine neue, eigentlich unmögliche Liebe. Im Finale der letzten Staffel wurde Falk Kupfer (Jörg Hartmann), der skrupel- und gewissenloseste unter den Stasi-Erfüllungsgehilfen, von der Dissidentin Dunja Hausmann (Katrin Sass) niedergeschossen.

Nun sitzt er im Rollstuhl, wird von einer Pflegerin (Jördis Triebel) betreut und bald nicht mehr nur betreut. Bis sie ihm gesteht, dass sie fünf Jahre im Gefängnis saß, wegen Republikflucht. Und folglich die wahre Identität ihres neues Freundes nie herauskriegen darf.

Regisseur Friedemann Fromm schrieb das Drehbuch selbst

Während der jüngere Bruder Martin (Florian Lukas) seinen Betrieb vor der Abwicklung bewahren will und Falks Ex-Gattin Vera (Anna Loos) erst bei der Oppositionsgruppe Neues Forum und dann bei der Treuhandanstalt Gutes bewirken will, kämpft Vater Hans (Uwe Kockisch), ein ehemaliger Stasi-Offizier, für die Öffnung aller Stasi-Akten. Wohingegen ausgerechnet Mutter Marlene (Ruth Reinecke), die bisher nur Hausmuttchen war, wenn auch stets Sozialistin, jetzt aktiv mithilft, alte SED-Parteigelder zu waschen.

Friedemann Fromm, Regisseur aller „Weissensee“-Folgen, hat die Drehbücher diesmal selbst verfasst. Dabei hat er es bei den Cliffhangern der einzelnen Folgen ein wenig übertrieben. Aber ihm gelingt das Kunststück, auch komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen.

Katrin Sass fehlt schmerzlich in der neuen Staffel

Zwei Frauen fehlen schmerzlich in der neuen Staffel. Vor der Kamera Katrin Sass, die nicht mehr hat mitspielen wollen, auch wenn keiner sagen kann (oder will), wieso. Ihre Figur wird denn auch höchst uncharmant aus der Serie getilgt, was aber zu Stasipraktiken irgendwie passt. Und hinter der Kamera Annette Hess, die die Idee zu der Serie hatte und die Drehbücher der ersten Staffeln geschrieben hat, mit „Ku’damm 56“ und „59“ aber beschäftigt war.

Fazit: Es ist starker Tobak, der da in nur sechs 45-Minüter gepresst wird. Wer diese Staffel gesehen hat, der wird nie wieder von „Jammer-Ossis“ reden. Wo der Frust im Osten des Landes herkommt, das lässt sich hier sehr anschaulich verfolgen.

K ARD, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag, 8., 9. und 10. Mai, 20.15 Uhr