Seit Wochen hält der Iran zwei Reporter von “Bild am Sonntag“ fest, die den Sohn einer von Steinigung bedrohten Frau interviewten.

Hamburg. Walter Mayer, Chefredakteur von "Bild am Sonntag", die wie das Abendblatt im Verlag Axel Springer erscheint, hat in einem dramatischen Appell die sofortige Freilassung seiner zwei Reporter gefordert, die seit dem 10. Oktober im Iran festgehalten werden. Lange hatte er geschwiegen. Mayer hatte gehofft, die Männer durch stille Diplomatie freizubekommen. Ähnlich verhielten sich auch andere Medien: Obwohl die Identität der beiden Journalisten in Branchenkreisen längst bekannt war, berichteten sie zurückhaltend. Doch mit der Vorführung der beiden Deutschen im iranischen Staatsfernsehen sind alle Hoffnungen auf eine schnelle Freilassung zerstoben.

Die Inhaftierung der beiden Reporter, die in den Iran gekommen waren, um den Sohn einer Frau zu interviewen, die wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt wurde , wirft ein Schlaglicht auf die Situation, unter der Journalisten in dem Land arbeiten müssen. Auf einer von Reporter ohne Grenzen (ROG) im Oktober veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit belegt der Iran den 175. Rang von 178 Plätzen. Im Anschluss an die Unruhen nach der Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad - ihm wurde damals Wahlfälschung vorgeworfen - hatten sich die ohnehin schwierigen Arbeitsbedingungen der Journalisten im Iran noch einmal verschärft.

Nach Angaben von ROG werden Aufenthaltsgenehmigungen und Akkreditierungen ausländischer Korrespondenten im Iran nur noch in wenigen Fällen erteilt. Reporter, die bereits im Land sind, stehen demnach unter Überwachung. Für Interviews herrsche eine strenge Genehmigungspflicht. Deshalb sind Internet-Dienste wie Twitter mittlerweile eine wichtige Quelle für Informationen aus dem Iran geworden.

+++ Walter Mayer: Gerechtigkeit für unsere Reporter +++

Den beiden Reportern von "Bild am Sonntag" wird vorgeworfen, mit einem Touristenvisum in den Iran eingereist zu sein und sich dann dort journalistisch betätigt zu haben. Dazu hätten sie ein spezielles Journalistenvisum benötigt. Der Staatsanwalt bezichtigt die Reporter nun auch der Spionage. Nach Ansicht der stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) Ulrike Kaiser ist "Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen ... keine Spionage, sondern notwendige Information". Auch sie fordert die sofortige Freilassung der Reporter. Zuvor hatte bereits der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken die Behauptung des Iraner Regimes kritisiert, bei den Festgenommenen handele es sich nicht um Journalisten, da sie nicht akkreditiert seien. Dies sei ein "Vorwand, um kritische Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen im Iran zu unterbinden".

"Die beiden haben von ihrem Menschenrecht auf Pressefreiheit Gebrauch gemacht", sagt ROG-Generalsekretär Jean-François Juillard. Die Vorführung der Journalisten im iranischen Fernsehen ist für ihn "eine besonders perfide Form der Propaganda". Vor den Kameras räumten sie angeblich "Fehler" ein. Überprüfen lässt sich das nicht: Die Aussagen der beiden werden komplett von der Stimme eines iranischen Sprechers überlagert. Wann und wo die TV-Bilder entstanden, ist unklar. Ungewiss ist auch, ob sie ihre Aussagen freiwillig oder unter Zwang machten.

Außenminister Guido Westerwelle hat seinen Nahost-Beauftragten Andreas Michaelis in den Iran entsandt, der sich für "angemessene Haftbedingungen" der Reporter einsetzen soll. Er hofft, dass die beiden "so schnell wie möglich unversehrt nach Deutschland zurückkehren können". Axel-Springer-Vorstand Andreas Wiele rief zur Solidarität mit den Journalisten auf: "Jetzt brauchen unsere beiden Kollegen den Schutz der Weltöffentlichkeit", sagte er. "Es geht um zwei Menschenleben, und es geht um die Pressefreiheit."