Zwei deutsche Reporter werden seit mehr als einem Monat in dem Mullah-Staat festgehalten. Merkel und Westerwelle forderten Freilassung

Hamburg/Teheran. Sie wollten die Wahrheit berichten - nun droht ihnen womöglich die Todesstrafe. Der Fall der beiden im Iran inhaftierten deutschen Journalisten hat sich gestern zugespitzt und belastet das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Berlin und Teheran. Der Chef der Justizbehörde der Provinz Ost-Aserbeidschan, Hodschatolleslam Malek Adschar Scharifi, erklärte in Täbris, der Straftatbestand der Spionage sei "bewiesen". Zudem hätten die beiden deutschen Journalisten beabsichtigt, eine "Hetzkampagne gegen die Islamische Republik Iran zu starten".

Im Fall von Spionage können im iranischen Rechtssystem sehr harte Strafen bis hin zur Todesstrafe verhängt werden. Der Fall würde vor einem der berüchtigten Revolutionsgerichte abgehandelt werden.

Die beiden Journalisten - ein Fotograf und ein Autor - arbeiten für die "Bild am Sonntag", wie das Blatt gestern bestätigte. Chefredakteur Walter Mayer sagte: "Seit über einem Monat bangen wir um zwei Reporter von ,Bild am Sonntag', die im Iran inhaftiert sind. Wir tun alles in unserer Macht Stehende, um den Kollegen und ihren Angehörigen zu helfen. Zu ihrem Schutz werden wir uns zu weiteren Einzelheiten nicht äußern." Die deutschen Reporter verfügten bei ihrer Einreise in den Iran zwar über gültige Touristen-Visa, doch Teheran verlangt in diesen Fällen spezielle Journalisten-Visa, die offenbar nicht vorlagen.

Die Deutschen waren am 10. Oktober in Täbris festgenommen worden. Sie hatten den Sohn der zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakine Mohammadi Aschtiani interviewen wollen. Die Frau war 2006 beschuldigt worden, eine außereheliche Beziehung zu zwei Männern unterhalten zu haben. Die 43-Jährige war dafür zunächst zu 99 Peitschenhieben und dann überraschend in einem zweiten Verfahren zum Tode verurteilt worden.

Aschtiani erklärte, ihr Geständnis, das sie später widerrief, sei erzwungen worden. Die Steinigung ist aufgrund internationaler Proteste ausgesetzt worden, Irans Oberster Gerichtshof prüft den Fall. Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad erklärte indessen sogar, es habe nie ein Steinigungs-Urteil gegeben - der Westen habe dies erfunden. Doch inzwischen wirft man Aschtiani zudem vor, an der Ermordung ihres Ehemannes beteiligt gewesen zu sein - was sie vehement bestreitet.

Das iranische Staatsfernsehen führte die Deutschen am Montagabend in zwei getrennten Interviews vor. Dabei sollen sie eingeräumt haben, "Fehler" begangen zu haben. Ihre Aussagen wurden allerdings fast völlig von der Stimme des Sprechers überlagert. Zu den Vorwürfen der iranischen Behörden sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Ulrike Kaiser: "Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen ist keine Spionage, sondern notwendige Information." Die Deutschen dürften nicht für eine Tat bestraft werden, die sie gar nicht begangen haben.

Bereits kurz nach der Festnahme der beiden deutschen Journalisten hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel deren Freilassung von der Führung in Teheran gefordert. Außenminister Guido Westerwelle hatte in der Angelegenheit ein Gespräch mit seinem iranischen Amtskollegen Manuchehr Mottaki geführt.

Gestern erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, man arbeite "mit aller Kraft" daran, dass die beiden bald nach Hause zurückkehren dürften. Die iranischen Behörden haben der Bundesregierung bislang erst zweimal konsularischen Zugang zu den Inhaftierten gewährt, das letzte Mal gestern. Ein Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Teheran konnte mit ihnen reden.

Beobachter vermuten, die Festnahme der beiden Journalisten könnte im Zusammenhang mit dem internationalen Druck auf Teheran wegen des offensiven iranischen Atomprogramms stehen.