An einem warmen Augusttag im Jahr 1992 betraten Michael Jackson und ich gleichzeitig das alte Hamburger Volksparkstadion. Ich, gerade 16 Jahre geworden, war auf dem Weg von den Parkplätzen über die mittlerweile abgerissene Fußgängerbrücke, als Jacko mit seinem Tross unter der Brücke durchraste.

Geschrei und Gedrängel um mich herum, als sei ein Blick durch die getönten Scheiben des Transporters möglich. Eine Hysterie, die ich nicht nachvollziehen konnte. "Thriller" und "Bad" waren zwar meine ersten gekauften Musikkassetten (gibt es die noch?) und "Wanna Be Startin' Somethin'" ist bis heute einer meiner Lieblinsssongs, aber 1992 spielten für mich ganz andere Bands eine Rolle: Metallica, Sepultura, Pantera und anderes Metal-Geknüppel. Und natürlich Guns N' Roses, deren Gitarrist Slash die Gitarre bei "Black Or White" einspielte.

Da stand ich also mit einer Ehrenkarte im Wert von damals unfassbar teuren 70 Mark, die ein Freund mit Verwandten im Hamburger Senat organisiert hatte, auf der Haupttribüne und schaute auf das Spektakel in der auch bei Sonne ungemütlichen und ranzigen Betonschüssel. Angebliche 45 000 Fans - es sah leerer aus - starrten auf die 80 Meter lange und 30 Meter breite Bühne, und als der König um 20.45 Uhr mit einem Knall auf der Bühne erschien, geriet der Ameisenhaufen irgendwo da unten zum Eröffnungssong "Jam" in Ekstase.

Jackson selber hatte aus meiner Perspektive auch auf den seitlichen Videoleinwänden die Größe einer Ameisenkönigin, und von den 250 000 Watt der Anlage kamen in den zwei Stunden auch nicht alle an. Man erahnte "Billie Jean", "Beat It", "Heal The World" (mit Hamburger Kinderchor) und die Zugabe "Man In The Mirror" eher, als Jacko wirklich zu hören, so dünn klang sein Headset-Mikrofon. Der "Moonwalk" war eher angedeutet, der in den Himmel entschwindende Raketenmann ein Double. Die sieben Kostüme erschienen schrill, aber wie die obligatorischen weißen Socken in schwarzen Slippern etwas altmodisch. Dennoch hatte ich das Gefühl, einen besonderen und einzigartigen Moment zu erleben. Er war eben der König, auch wenn Majestät sich nicht salonfähig fühlte.

"Michael hat das Stadion verlassen", rief ein Ansager nach der Nummer mit dem Raketenmann als Anspielung auf Elvis Presley und sein berühmtes "Elvis hat das Gebäude soeben verlassen". Jetzt trifft sich der King Of Pop vielleicht mit dem King Of Rock'n'Roll, mit Marvin Gaye, Isaac Hayes und Otis Redding, Jimi Hendrix, Kurt Cobain und Freddie Mercury. Das wird eine interessante Jam-Session da oben. "Wanna Be Startin' Somethin'"?