Die Tutanchamun-Schau schließt am Sonntag - mehr als 450 000 Besucher haben sie in Hamburg gesehen

Hamburg. So viel und so lange Tutanchamun war noch nirgendwo außerhalb Ägyptens auf einmal zu sehen. Zwar gibt es etliche Repliken der Grabstätte des Goldkönigs außerhalb des Tals der Könige im ägyptischen Theben-West. In Las Vegas etwa unter der Hotelpyramide des Luxor oder in Kairo im Pharaonic Village. Das Grab inklusive tausend sorgfältig replizierter Gegenstände auf Tournee, und das demnächst in dreifacher Ausfertigung - von so viel Interesse ist selbst der Produzent der Schau, der Bayreuther Konzertveranstalter Semmel Concerts, noch immer spürbar überwältigt.

"Tutanchamun - sein Grab und die Schätze" schließt am Sonntag nach elf Monaten in der Alten Oberpostdirektion am Stephansplatz; mehr als 450 000 Besucher, darunter mehr als 100 000 Kinder und Jugendliche, werden dann gesehen haben, mit welch goldener Pracht und spiritueller Intensität der Pharao bestattet wurde, der 1323 v. Chr. gestorben ist - nur 18 Jahre alt.

Ein glänzender Triumph für eine Idee des Hamburger Unternehmers Paul Heinen und des Grafikdesigners Wulf Kohl, der in Kairo lebt. Sie wollten das Grab von Tutanchamun originalgetreu in der Speicherstadt nachbilden. Semmel Concerts stieg ein und startete in Zürich. Es war die erste ernst zu nehmende Ausstellung, die sich nur auf Kopien verließ. Mit denen konnte sie akkurat nachstellen, wie Howard Carter das Grab 1922 sah, als er es nach mehr als 3000 Jahren öffnete.

Drei Jahre und fünf Millionen Euro hatte der erste Nachbau gekostet, etliche Millionen Euro Werbekosten an jedem Standort kommen hinzu. Die Begeisterung bringen die Besucher selbst mit, auch lockeres Achselzucken, wenn es um die Frage Original oder Kopie geht. "Das liegt an den wissenschaftlich korrekten Erklärungen und an der hohen Qualität unserer Replikate", sagt Projektleiter Christoph Scholz. In die Hände spielt den Ausstellungsmachern auch, dass die kostbaren Originale immer seltener und manche gar nicht mehr Ägypten verlassen dürfen. Und ein gestiegenes Bewusstsein dafür, dass durch den Massentourismus die Originalgräber gefährdet sind, zum Teil schon so schwer geschädigt, dass sie komplett geschlossen sind.

Deshalb hat auch Zahi Hawass, der medienaffine Chef der ägyptischen Altertümerbehörde, das Experiment mit Interesse beobachtet. Will er doch selbst die bedeutendsten Gräber in Ägypten originalgetreu nachbauen.

Aber auch die Museen sehen das Ausstellungs-Event mit Interesse. Wulf Köpke, Direktor des Völkerkundemuseums, hat mit den Tut-Machern kooperiert, in Form von Vorträgen. Und selbst erfahren, wie verhalten die Kritik der Zuschauer an seinen chinesischen Terrakotta-Kriegern war, als deren Echtheit im Dezember 2007 wegbröselte. Er sieht durch die Kopien-Schau die Idee des Museums aber nicht gefährdet: "Wenn wir mit so viel Geld werben könnten wie die, hätten wir auch mehr Besucher." Er glaubt nicht, dass das Gefühl für die Aura von Originalen verloren geht: "Noch können die Leute sehr gut unterscheiden, weil Kopien die Ausnahme sind. Sollte sich das mal ändern, würden sie auf die Barrikaden gehen."

Nach Hamburg reist die Ausstellung nach Köln, die zweite steht gerade in Madrid, die dritte eröffnet in Großbritannien, 2011 geht es nach Amerika. Und bei Semmel Concerts wird schon mal darüber nachgedacht, welche Ausstellungsidee eine ähnliche Zugkraft entwickeln könnte wie der dreifache Tut. "Harry Potter, Star Wars, Nasa, Terrakotta-Krieger waren Vorschläge, das werden wir nicht machen", sagt Christoph Schulz. Tut, der Reisekönig - die Erfolgsidee aus Hamburg wird noch lange eine "Lebensaufgabe" bleiben.

Tutanchamun Alte Oberpostdirektion (S Dammtor, U Stephansplatz), Tageskasse und Vorverkauf: Stephansplatz 6, Eingang: Dammtorwall 8. Bis 29.8., täglich 10.00-18.00, Do 10.00-20.00, Eintritt Mo-Fr 16,-/13,-, Sa/So 19,-/16,-