Hamburg. Die Analyse war zu kurz, und sie kam zu spät, um die Liebe zu retten. Im Sommer 1910 reist Gustav Mahler, waidwund von der Amour fou zwischen seiner 19 Jahre jüngeren Frau Alma und ihrem Altersgenossen Walter Gropius, nach Leiden in Holland. Dort erwartet ihn Sigmund Freud. Die Begegnung der beiden Kunst- und Geistesgrößen fernab ihrer Heimatstadt Wien ist historisch verbürgt. Wie sie verlaufen sein könnte, zeigen die Regisseure Percy und Felix Adlon in ihrem zauberhaft intelligenten Film "Mahler auf der Couch", der pünktlich zu Mahlers 150. Geburtstag heute in die Kinos kommt.

Eingehüllt in Zigarrenrauch (drinnen) oder Nebel (draußen) ringen die Männer um ein Quäntchen Einsicht in Mahlers Seele. Rückblenden und pseudo-dokumentarische Einschübe schildern plastisch die Genesis der ungewöhnlichen Liebesgeschichte zwischen der begabten Bohème-Tochter und dem zwanghaften Komponisten, der schon vor der Ehe verfügt, dass im Hause Mahler Platz nur für ein Genie ist.

Der Film hält eine wunderbare Balance aus Strindberg und Loriot, ist also saukomisch und nimmt die Tragödie dieser entgleisten Ehe trotzdem ernst. Während der bis ins Mark erschütterte Komponist (Johannes Silberschneider) sich widerstrebend auf Gespräche mit Doktor Freud (Karl Markovics) über Träume, Unterbewusstes, Verdrängung, Schuld und Sexualität einlässt, kommen die beiden sich auf herrlich unbeholfene Art näher.

Alma Mahlers genialische Verführungskraft, die Unvernunft des Herzens dieser klugen Frau, bringt die Münchner Bühnenschauspielerin Barbara Romaner in ihrer ersten Kinorolle aufregend schön auf die Leinwand.

Beurteilung: überragend Mahler auf der Couch Deutschland/Österreich 2010, 101 Min., ab 12 J., R: Percy Adlon, Felix O. Adlon, D: Johannes Silberschneider, B. Romaner, tägl. im Abaton, Elbe; www.mahleraufdercouch.de