Kunstmuseum wehrt sich mit Zuwendungs-Studie gegen den Vorwurf der Misswirtschaft. Bürgerschaft diskutiert über weitere Vorgehen.

Hamburg. Wenn sich heute um 17 Uhr die Mitglieder des Bürgerschafts-Kulturausschusses zur öffentlichen Sitzung im Rathaus treffen, werden vermutlich vor allem folgende Kernfragen für Schlagabtausch sorgen: Was sind die Gründe für die Schließung der Galerie der Gegenwart? Ist es der Brandschutz, wie die Kulturbehörde sagt, oder eine Sparmaßnahme, wie Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner im Abendblatt-Interview zu Protokoll gab? Und warum musste die erst 2007 entschuldete Kunsthalle zwei Jahre später erneut ein Defizit von mehr als 1,9 Millionen Euro verbuchen? Eine von der Kulturbehörde eingesetzte Expertenkommission hatte Hamburgs größtem Kunstmuseum recht unverblümt schlechtes Wirtschaften attestiert.

Wohl auch, um diesen Vorwurf ein Stück weit zu entkräften, hat die Kunsthalle jetzt zentrale Parameter der Zuwendungen von 22 Kunstmuseen im deutschsprachigen Raum erfragt. Darunter sind das Städel in Frankfurt, das Kunstmuseum Stuttgart, das Kunsthaus Basel, das Kölner Museum Ludwig sowie das Sprengel-Museum Hannover.

Die wichtigsten Ergebnisse dieser unveröffentlichten Benchmarketing-Studie liegen dem Abendblatt vor. Verglichen wurden sowohl die Zuwendungen pro Quadratmeter Ausstellungsfläche als auch die Zuwendungen pro Besucher. Demnach liegt die durchschnittliche Zuwendung, die die Museen pro Besucher erhalten, bei 25 Euro. Die Hamburger Kunsthalle erhält deutlich weniger, nämlich nur 13 Euro.

Da Besucherzahlen aber schwanken und auch vom aktuellen Ausstellungsangebot abhängig sind, scheint die Zuwendung pro Quadratmeter Ausstellungsfläche aussagekräftiger zu sein. Hier ergibt sich folgendes Bild: Pro Quadratmeter erhalten die Kunstmuseen jährlich eine durchschnittliche Zuwendung von 859 Euro. Legt man die 12 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche der Kunsthalle zugrunde, ergeben sich pro Quadratmeter eine Zuwendung von nur 483 Euro. Würde die Kunsthalle den Durchschnittswert erhalten, müsste die Zuwendung jährlich um 4,5 Millionen Euro angehoben werden.

Ein anderer Branchenvergleich ist im Geschäftsjahresbericht 2007 der Hamburger Kunsthalle enthalten (neuere Zahlen sind vorläufig nicht zugänglich). Hier wird die Kunsthalle mit zwei ähnlichen Institutionen im norddeutschen Raum verglichen, dem Sprengel Museum Hannover und der Bremer Kunsthalle: Demnach erwirtschaftete das Sprengel Museum 2007 bei insgesamt 155 000 Besuchern Eigenmittel von neun Prozent, während die Kunsthalle Bremen 67 Prozent ihres Etats (bei 141 648 Besuchern) selbst aufbrachte. Der Anteil am Gesamtetat, den die Hamburger Kunsthalle 2007 (515 112 Besuchern) selbst erwirtschaftete, beträgt 49 Prozent. Sowohl Bremen als auch Hamburg liegen erheblich über dem bundesweiten Durchschnitt, der nur etwa zehn Prozent beträgt. Dass sich der - ebenfalls von den Experten empfohlene - Verzicht auf Sonderausstellungen äußerst negativ auf die Bilanz auswirken kann, musste die Kunsthalle Emden jetzt erfahren. Während das renommierte Museum im Jahr 2008 noch 92 413 Besucher verzeichnen konnte, kamen im vergangenen Jahr, als es keine Sonderausstellung gab, nur noch 49 645.