Ein Sachverständiger widerspricht der Kulturbehörde: Der Feuerschutz ist kein Grund für die mehrmonatige Schließung der Galerie der Gegenwart.

Hamburg. Die Behauptung der Kulturbehörde, die Galerie der Gegenwart müsse aus Sicherheitsgründen für den Publikumsverkehr komplett geschlossen werden, ist kaum noch aufrechtzuerhalten. "Die falsch montierten Brandschutzklappen stellen keine akute Gefährdung der Sicherheit dar, die eine Schließung notwendig machen würde", sagte Bernhard Müller, Sachgebietsleiter für Gebäudetechnik in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, dem Abendblatt gestern bei einer zufälligen Begegnung im Ungers-Bau. Der Mann muss es wissen, denn er prüft für die Bezirksämter die Brandsicherheit der Gebäudetechnik. Er betont ausdrücklich: "Für die Besucher der Galerie der Gegenwart stellen die Brandschutzklappen keine Gefahr dar."

Dennoch beharrt die Kulturbehörde darauf, dass die komplette Schließung unverzichtbar sei. "Wenn der Vorstand der Kunsthalle uns mitteilt, dass der Vermieter Handlungsbedarf sieht, weil Gefahr im Verzug sei, müssen wir das ernst nehmen. Es wäre unverantwortlich, untätig zu bleiben, wenn dadurch Besucher oder Kunstwerke zu Schaden kommen könnten", sagt Kulturbehörden-Sprecherin Ilka von Bodungen. Kultursenatorin Karin von Welck selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Kunsthallen-Geschäftsführer Roman Passarge sagte dem Abendblatt: "Wir sind mit dem Vermieter, der Hamburgischen Immobilien Management Gesellschaft IMPF, dabei, die Angelegenheit noch einmal zu prüfen. Uns ist sehr an einer schnellen Klärung gelegen, damit wir endlich Planungssicherheit für die nächsten Monate haben".

Passarge und Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner planen - wie berichtet - eine Teilschließung, um damit bis zum Herbst ein Defizit von 210 000 Euro im Haushalt der Kunsthalle abzutragen. Damit kommen sie einer Forderung der Kulturbehörde nach. Eine komplette Schließung, wie sie seit letztem Freitag von der Kulturbehörde mit Verweis auf das Sicherheitsargument angestrebt wird, wollen sie jedoch vermeiden. Sollte sich das Sicherheitsargument endgültig als unzutreffend erweisen, wäre der Weg für eine Teilschließung frei. Konkret hieße das: Das vom Gründungsbau aus unterirdisch erreichbare Sockelgeschoss bliebe weiterhin geöffnet. Dort sind zurzeit die Ausstellungen "The Song of the Line. Stephan von Huene - Zeichnungen aus fünf Jahrzehnten" (bis 6. Juni), "Geert Goiris. Whiteout and other stories" (bis 11. Juli) und die Sammlungshängung "All art has been contemporary" (bis 31. Oktober) zu sehen. Außerdem ist das "Hamburger Kinderzimmer" des isländisch-dänischen Künstlers Olafur Eliasson an den Wochenenden von 12 bis 16 Uhr geöffnet. Geöffnet bliebe dann auch das Bistro der Galerie der Gegenwart, an dessen Einnahmen die Kunsthalle prozentual beteiligt ist.

"Die von uns geforderten Einsparungen können wir mit dieser Teilschließung bis zum Herbst erreichen. Diese Variante ist uns natürlich sehr viel lieber als eine komplette Sperrung des Ungers-Baus, da wir unserem Publikum dann zumindest ein reduziertes Programm bieten können", sagte Kunsthallen-Geschäftsführer Roman Passarge dem Abendblatt.

Auch der Plan, die Ausstellung mit Wandgemälden des britischen Künstlers David Tremlett gestaffelt zu eröffnen, wäre dann möglich. Demnach soll die Ausstellung "David Tremlett. Drawing Rooms" wie geplant am 25. Juni eröffnet werden, zunächst aber nur drei Tage lang zugänglich sein. Danach wird sie erst einmal wieder geschlossen, kann aber im Rahmen gebuchter Führungen besucht werden. Tremlett ist einer der bekanntesten englischen Künstler. Er stellte im Centre Pompidou und im New Yorker Museum of Modern Art aus und schuf auch eine Wandzeichnung für die britische Botschaft in Berlin. Vom 25. Oktober an soll die Schau des Künstlers, der zurzeit Wände im dritten Obergeschoss der Galerie der Gegenwart mit farbigen Flächen und geometrischen Figuren gestaltet, vier Monate regulär laufen. Tremlett hat in dieses ungewöhnliche und aus der Not geborene Verfahren eingewilligt.