Sie sind erst 14 und 15 Jahre alt. Trotzdem sieht Polizeigewerkschafter Lenders keine Hoffnung für die beiden Schläger aus Billstedt.

Hamburg. Der brutale Überfall auf einen 19-Jährigen vor gut einer Woche in Billstedt hat die Diskussion um die Wirksamkeit des Senatskonzepts gegen Jugendgewalt neu entfacht. Zwei der drei Täter sind bereits mehrfach bei der Polizei auffällig geworden. Die erst 14 und 15 Jahre alten Jungen haben schon Vorstrafen oder warten auf ihren Prozess. Trotz der Tatsache, dass es sich bei ihnen um Intensivtäter handelt, hat das Senatskonzept hier offenbar nicht gegriffen.

Wie berichtet, hatte die Polizei Robin A. (15) und Ayhan K. (14) bereits am Mittwoch festgenommen. Polizisten hatten sie auf den Videoaufzeichnungen einer Überwachungskamera am ZOB erkannt. Nach den Vernehmungen führte die Spur zu dem mutmaßlichen Haupttäter Candan A. (18). Gemeinsam sollen die drei den 19 Jahre alten Stephen S. an der Maukestraße angefallen haben. Die Täter traten auf das am Boden liegende Opfer ein. Es erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen. Anschließend raubten sie dessen Portemonnaie. Die Täter sitzen in Untersuchungshaft. Der Haftgrund bei dem mutmaßlichen Haupttäter ist Fluchtgefahr. Bei den beiden Jüngeren sah das Gericht Wiederholungsgefahr.

Nicht ohne Grund. "Sie sind vielfach und einschlägig bekannt", sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Die Zahl und das Ausmaß der Taten sind erschreckend. So ist der erst 15 Jahre alte Robin A. im vergangenen Mai wegen eines versuchten Raubes zu zehn Monaten Jugendhaft auf Bewährung verurteilt worden. Er war Mitglied einer Bande, die im Internet zum Schein Autos angeboten hatte. Im Januar 2009 hatten die Täter ein Opfer nach Steilshoop gelockt, um diesem den vermeintlichen Wagen zu verkaufen. Doch stattdessen tauchten der damals erst 14 Jahre alte A. und seine Komplizen auf, um den Käufer auszurauben. Sie schossen mit Gas-Pistolen auf dessen Wagen und schlugen mit Eisenstangen gegen die Fenster. Dem Mann gelang im letzten Augenblick die Flucht.

Gegen Ayhan K. hat die Staatsanwaltschaft erst im Januar Anklage wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung erhoben. Darüber hinaus sind die beiden in den vergangenen Jahren immer wieder mit Köperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten, aber auch mit Raub, Diebstahl, Sachbeschädigung und Bedrohung. "Viele Verfahren sind eingestellt worden, weil die Verdächtigen zur Tatzeit Kinder und damit nicht strafmündig waren", erklärt Oberstaatsanwalt Möllers. "Wir konnten sie daher strafrechtlich nicht zur Verantwortung ziehen."

Immer wieder zeichnen sich kriminelle Laufbahnen von Jugendlichen schon früh ab. Zuletzt hatten zwei junge Männer im Februar einen 19-Jährigen in einem Bus in Bahrenfeld ebenfalls mit Tritten lebensgefährlich verletzt. Auch deren Schulschwänzer- und Gewalt-Biografien hätten Anlass für ein eigentlich im Senatskonzept gewolltes frühes Einschreiten der Behörden gegeben. Vor diesem Hintergrund kritisiert Wolfgang Sielaff, Landesvorsitzender der Opferschutzeinrichtung Weisser Ring, die schleppende Umsetzung des Programms. "Meine Wahrnehmung ist, dass es auf dem Gebiet der Prävention nicht nachhaltig genug umgesetzt wird. Die Ursachen von Jugendgewalt sind bekannt. Es werden aber lediglich die Erscheinungsformen bekämpft."

SPD-Innenexperte Andreas Dressel hat im aktuellen Fall eine Senatsanfrage gestellt, die das behördliche Handeln klären soll. "Wir wollen wissen, ob das Senatskonzept gegriffen hat oder nicht." Die für das Konzept federführende Sozialbehörde bezeichnete ihr Konzept "als grundsätzlich gut". Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hat wenig Hoffnung, dass die beiden Jugendlichen wieder in die Gesellschaft integriert werden können. "Wer in diesem Alter schon mit derartigen Taten auffällt, der strebt eine Karriere als Berufsverbrecher an. Da ist Hopfen und Malz verloren."