Kameras nahmen die Täter auf. Keiner von ihnen ist älter als 18 Jahre. Ihr Opfer erlitt einen lebensgefährlichen Schädelbruch.

Hamburg. Jugendliche haben - wieder einmal - einen jungen Mann mit Tritten gegen den Kopf so schwer traktiert, dass er zeitweise in Lebensgefahr schwebte. Die Tat ereignete sich bereits am vorigen Wochenende. Am Freitag hat die Polizei den 18 Jahre alten Haupttäter festgenommen. Zu den Hintergründen der Tat schweigt er.

Es war sechs Minuten nach Mitternacht in der Nacht zum 20. März, als das Opfer der Tätergruppe in die Hände fiel. Stephen S. (19) schlenderte nach Hause, passierte den Maukestieg in Billstedt, als sich die fünf Jungen vor ihm aufbauten. Candan A., genannt "Can", der Anführer der Gruppe, verlangte die Wertsachen des älteren Jugendlichen. Noch ehe er sie herausgeben konnte, fand er sich am Boden wieder. Mit Tritten und Schlägen zertrümmerten die Täter ihrem Opfer den Schädel. Stephen S. blieb nach der Attacke bewusstlos und blutend am Boden liegen. Sein Portemonnaie hatten die Täter ihm geraubt. Im Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte die lebensgefährliche Verletzung: Schädelbruch. Die Mordkommission nahm die Ermittlungen auf.

Und sichtete zunächst einmal das Videomaterial der Kameras am ZOB Billstedt. Die Beamten entdeckten Robin A. (15) und Ayhan K. (14), zwei ihnen bekannte Jugendliche, auf den Aufnahmen und besuchten die Familien der mutmaßlichen Beteiligten. Die Jungen legten Teilgeständnisse ab und kamen in Untersuchungshaft. Zwei weitere 14- und 15-Jährige waren vermutlich bei dem Überfall dabei, haben aber offenbar nicht zugeschlagen. Wohl aber der 18-jährige "Can". Er sitzt seit Freitagnachmittag vergangener Woche in der Haftanstalt Hahnöfersand. Nach bisherigen Erkenntnissen war er es, der die heftigsten Tritte gegen den Kopf von Stephen S. austeilte. Einschlägig bekannt ist der Billstedter indes nicht: Nur einmal geriet er bislang mit dem Gesetz in Konflikt. Vor einigen Jahren soll der Junge einen Raub begangen haben. Ein Ermittler: "Bisher wissen wir nicht, was die Ursache für diesen Gewaltausbruch ist." Stephen S. liegt noch immer im Krankenhaus. Eine Woche nach der Attacke geht es ihm langsam besser.

Die Tat reiht sich ein in eine Serie brutaler Überfälle, die von Jugendlichen begangen wurden. Mitte Februar hatten zwei Jugendliche einen Kontrahenten im Metrobus nach Bahrenfeld bewusstlos geprügelt. Ihr Opfer lag neun Stunden lang im Koma, ist aber inzwischen wieder gesund. 2008 sorgte eine Tat in Niendorf für Schlagzeilen: Jugendliche Gewohnheitstäter hatten einen Flaschensammler grundlos ins Koma getreten und geprügelt. Vor allem aber auf dem Kiez kam es zuletzt immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen, die zufällig aufeinandertrafen und meist in betrunkenem Zustand Streit bekamen. Oft wurden derartige Konflikte mit Messern oder abgebrochenen Flaschen ausgetragen.

Ein besorgniserregender Trend, der sich auch in der Kriminalstatistik niederschlägt: Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen auf öffentlichen Wegen ist 2009 um 818 auf 6328 Fälle gestiegen. Nahezu 40 Prozent der Taten wurden von Jugendlichen verübt, ihr Anteil an der Bevölkerung liegt in Hamburg jedoch bei lediglich 18,6 Prozent. Darüber, wie diesem (bundesweiten) Trend beizukommen ist, streiten Politiker und Experten. Die Hamburger SPD forderte unlängst eine Ausweitung von Hausverboten, Prävention und Anti-Gewalt-Trainings. Polizeipräsident Werner Jantosch sprach sich für Fahrverbote aus, die jungen Tätern oft mehr wehtäten als kurze Haft. Seit November 2007 gibt es in Hamburg das Senatskonzept "Handeln gegen Jugendgewalt". Ergebnisse sollen Ende 2010 ausgewertet werden.