Immer mehr Jugendliche lassen sich unter Alkoholeinfluss zu Gewalttaten hinreißen. Nach Polizeiangaben erhöhte sich in Niedersachsen der Anteil von Jugenddelikten, die im Alkoholrausch begangen wurden, in den Jahren 2000 bis 2008 von 16,7 auf 21 Prozent.

Winsen. Dr. Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Institut Niedersachsen fordert ein einheitliches Alkoholverbot für Jugendliche unter 18 Jahren. Laut EU-Gesundheitsbehörde sei Deutschland inzwischen in Europa in der Minderheit mit seiner Regelung, Bier und Wein bereits ab 16 Jahren zu erlauben. Alkohol erst ab 18 Jahren - im Landkreis Harburg würden Jugendexperten, Polizei und das Gaststättengewerbe ein Heraufsetzen der Altersgrenze befürworten. Seevetals Gemeindejugendpfleger Hans Wahne hat mit mehreren Jugendgruppen zu tun, die im Maschener Ortskern zur Flasche greifen und zum Ärgernis geworden sind. Es gäbe immer mehr Jungen und Mädchen, die sich "zudröhnen" würden, hat er beobachtet. Mit einem höheren Alterslimit könnte man zumindest ein Zeichen setzen. "Um den Erwachsenen zu zeigen, sich mehr zu kümmern und Verantwortung zu übernehmen", sagt Hans Wahne. Kein Bier und Wein an unter 18-Jährige - das befürwortet auch Kriminalhauptkommissar Carsten Bünger. "Auch mit Bier kann man sich betrinken. Und es gibt viele junge Leute im Landkreis, die das tun", sagt der Beauftragte für Jugendsachen bei der Polizeiinspektion Harburg. Jugendliche würden ihre Grenzen suchen - und Erwachsene müssten sie ihnen setzen.

Der Vorsitzende des Gaststättenverbandes Dehoga im Landkreis Harburg plädiert für ein striktes Alkoholverbot für unter 18-Jährige. Christoph Prigge weist aber Kritik an Gastwirten zurück, sie seien Schuld an Alkoholexzessen junger Leute. "Viele Jugendliche kommen schon stark alkoholisiert in die Gaststätten", sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende. Eltern sollten mehr darauf achten, wie viel Alkohol ihre Kinder trinken und wie sie an Alkohol gelangen.

Die Anzahl volltrunkener Jugendlicher in der Öffentlichkeit habe stark zugenommen, ist der Eindruck von Jan Lüdemann. Der Neu Wulmstorfer CDU-Fraktionsvorsitzende und Wirt der Gaststätte "Zum Florian" sagt: "Für viele Jugendliche ist es normal, mit einem Bier in der Hand auf der Straße herumzulaufen." Lüdemann hält ein höheres Alterslimit für sinnvoll.

Neu Wulmstorf ist die erste Gemeinde im Landkreis Harburg, die ein Alkoholverbot unter freiem Himmel erlassen hat. Federführend daran beteiligt war die Fachbereichsleiterin für Ordnung und Soziales im Rathaus, Nina Nadstazik. Obwohl das Verbot ein Erfolg war, gibt sie zu bedenken, dass Verbote allein das Problem "Komasaufen" nicht lösen könnten. In den USA, so Nadstazik, gelte ein Alkoholverbot unter 21 Jahren und trotzdem gäbe es viele Probleme.