Obst, Gemüse und Pasta - basta. NDR-Moderator Tobias Schlegl sagt : “Ich habe entschieden, dass für mich kein Tier sterben muss.“

Hamburg. Bereits beim ersten Bissen war er da. Ein bitterer Beigeschmack, der auch von der deftigen Bratensoße nicht übertüncht werden konnte. Bilder drängten sich auf. Vom leeren Hasenstall, von den mitleidigen Blicken seiner Verwandten, als er nach dem Verbleib des Lieblingstieres fragte.

Tobias Schlegl ahnte, was da, lecker angerichtet, vor ihm auf dem Teller lag. Dieses Kindheitstrauma ließ den NDR-Moderator nicht los, bewegte ihn schließlich dazu, mit 18 dem Fleischgenuss abzuschwören. Endgültig. "Ich habe entschieden, dass für mich kein Tier sterben muss", sagt er. "Das soll so bleiben, bis ich in der Kiste lande."

Wie Tobias Schlegl ergeht es nach Schätzungen des Vegetarierbundes (Vebu) derzeit rund sechs Millionen Deutschen. Tendenz: stark steigend. "Die Zahl hat sich in den vergangenen 20 Jahren fast verzehnfacht", sagt Vebu-Geschäftsführer Sebastian Zösch. Dabei liegt nicht jedem das Wohl der Tiere am Herzen. Dioxin-Skandale verderben den Appetit auf Steak und Keule, das zunehmende Gesundheitsbewusstsein und die aktuelle Klimadiskussion tragen ihren Teil dazu bei. Durch die Produktion tierischer Lebensmittel werden nach Expertenmeinung mehr klimaschädliche Gase freigesetzt als durch den Autoverkehr. "Außerdem gilt es gerade in Großstädten unter jüngeren Menschen als hip und modern, vegetarisch zu leben."

Eine Beobachtung, die in Hamburg an vielen Ecken gestützt wird. Restaurants wie das Tassajara in Eppendorf , das Season in der Innenstadt oder das "Hin und Veg!" in der Schanze begeistern nicht nur Gemüsefans. Seit Kurzem bietet das Hotel Vier Jahreszeiten vegane Menüs an, um der wachsenden Nachfrage seiner Gäste gerecht zu werden. Auch Sternekoch Christian Rach setzt in seinem Tafelhaus in Neumühlen verstärkt auf feine Grünkost-Kreationen. Eine Herausforderung sei das, so der Restauranttester. Denn vegetarisch kochen gehe längst über den gemischten Salat mit Wurzelgemüse hinaus. "Die fleischlosen Speisen sind in der Spitzenküche angekommen", sagt Christian Rach. Und nicht nur da.

Mehr und mehr Prominente zählen sich zu Vegetariern. Schließlich ist das zeitgemäß, und wirkt sich letztlich positiv auf das Image aus. Allerdings: Die meisten Stars und Sternchen verzichten nicht der PR wegen, sondern aus Überzeugung. Popstar Nena etwa lebt seit über 20 Jahren vegetarisch. Bei Ingeborg Prinzessin zu Schleswig-Holstein kommt ebenfalls ausschließlich Gemüse ins Haus. "Aus Liebe zu Tieren" ist die Künstlerin zur Vegetarierin geworden: "Mir gefällt die Vorstellung, dass niemand leiden muss, nur weil ich zu Mittag essen möchte."

Jasmin Wagner verfolgte als 14-Jährige die Schlachtung eines Rindes. "Danach habe ich beschlossen, mich anders zu ernähren", sagt sie. Anfangs sei es kompliziert gewesen. "Das Angebot für Vegetarier war recht dürftig." Mittlerweile hat sich das geändert - zumindest in den Großstädten Deutschlands versuchen Gastronomen und Einzelhändler, den anspruchsvollen Gaumen der "Veggies" mit kreativen Bio-Speisen zu verwöhnen. Ein lukratives Geschäft, gesellen sich doch zur Gruppe der strengen Wurstverächter nun die sogenannten Flexitarier: Die verzehren zwar sehr selten Fleisch, ganz darauf verzichten wollen sie aber nicht.

Sie verurteile niemanden wegen seines Essverhaltens, sagt Jasmin Wagner. "Allerdings darf man den Kopf beim Essen nicht ausschalten. Es ist wichtig zu wissen, wo das Steak herkommt." Ähnlich sieht das Tobias Schlegl. Seiner Tochter serviert er deshalb auch Würstchen. "Sie soll selbst entscheiden, wie sie sich ernähren möchte." Eins ist zumindest sicher: Der geliebte Hase landet im Hause Schlegl im Stall - nicht auf dem Tisch.