Grüne in Niedersachsen werfen Astrid Grotelüschen Vertuschung im Putenmastskandal vor - CDU spricht von einer Kampagne.

Hannover. Der Konflikt um tierquälerische Putenmast eskaliert. Bei der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag in Hannover ist eine Morddrohung gegen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) eingegangen. Für den CDU-Abgeordneten Karl-Heinrich Langspecht ist der anonyme Brief "der unsägliche Höhepunkt einer beispiellosen Kampagne gegen die Politikerin".

In einer von lautstarken Zwischenrufen geprägten Landtagsdebatte hielten dagegen die Oppositionsparteien gestern an ihrem Verdacht fest, die Putenbrüterei der Familie Grotelüschen sei mitverantwortlich für Tierquälerei in Mastbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern.

In der vergangenen Woche hatte die ARD Bilder von toten und sterbenden Puten ausgestrahlt, die aus den Mastanlagen stammen sollen. Diese Betriebe gehören zu einer Erzeugergemeinschaft, an der wiederum die Großbrüterei Grotelüschen maßgeblich beteiligt ist. Sie liefert die Küken, nimmt die schlachtreifen Tiere ab, hat Einfluss auf die Tierhaltung.

Bestätigt sieht der Grünen-Abgeordnete Christian Meyer diesen Einfluss auch durch eidesstattliche Versicherungen der Mäster, die sich gegen den Vorwurf wehren, die Aufnahmen der Tierquälerei stammten aus ihren Betrieben. Meyer glaubt, dass diese Versicherungen von der Firma Grotelüschen vorformuliert und mindestens in einem Fall über das private Faxgerät der Ministerin verschickt wurden. "Wenn das so zutrifft, ist damit bestätigt, dass die Ministerin an der Vertuschung des Putenmastskandals persönlich beteiligt ist", sagte Meyer.

Die Ministerin allerdings ging auf die konkreten vertraglichen Verbindungen zwischen dem Betrieb ihres Mannes und den betroffenen Mästern nicht ein, verantwortlich für den Tierschutz sei allein der jeweilige Mäster. Sie erinnerte an die große wirtschaftliche Bedeutung der in Niedersachsen in großem Maßstab stattfindenden Putenmast für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.

Ministerpräsident David McAllister (CDU) griff in die Debatte nicht ein, am Rande der Sitzung stellte er sich aber hinter Grotelüschen: "Wenn man als Opposition politisch nicht weiterweiß, bemüht man das private Umfeld."

Grünen-Fraktionschef Wenzel dagegen warf der Ministerin vor: "Sie verschleiern die wahren Besitzverhältnisse innerhalb des Putennetzwerks." Die Oppositionsparteien wollen weitere Aufklärung, auch SPD und Grüne legen inzwischen Grotelüschen den Rücktritt nahe. Aufgeheizt ist die Debatte um industrielle Tierhaltung auch durch den Brand einer Hähnchenmastanlage im Landkreis Harburg vor wenigen Wochen. Hier ermittelt die Justiz wegen des Verdachts, es könnten militante Tierschützer gezündelt haben. Das Landvolk Niedersachsen, größte Vertretung der Bauern, warnte gestern vor ideologischer Kritik an Stallneubauten: "Bewusste Regelverletzungen einzelner Tierschutzorganisationen können nicht länger hingenommen werden."