Die wiedergewählte GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank erhielt nur 145 von 213 gültigen Stimmen - ohne echten Gegenkandidaten.

Hamburg. Eine Partei leckt ihre Wunden: Die GAL - eben noch mit der ersten schwarz-grünen Koalition bundesweit Vorreiterin neuer Bündnisfähigkeit der Grünen - ist nach der selbst verursachten Kündigung der Koalition unsanft in der Opposition gelandet. In einer mehr als dreistündigen Generaldebatte forschten die GALier im Bürgerhaus Wilhelmsburg nach den Ursachen für das Wahldebakel und rangen um Konsequenzen für die Zukunft.

Es gab harte Kritik und schonungslose Selbstkritik. Auch wenn die von manchen erwartete große Konfrontation am Ende ausblieb: Das Ergebnis für die wiedergewählte Landesvorsitzende Katharina Fegebank zeigt die Unzufriedenheit eines Teils der Mitglieder. Fegebank erhielt ohne echten Gegenkandidaten nur 145 von 213 gültigen Stimmen - 68 Prozent. Auch der neue Parteivize Manuel Sarrazin kam als einziger Kandidat auf 68 Prozent. Auf den Bundestagsabgeordneten entfielen 129 von 189 gültigen Stimmen.

Für erheblichen Wirbel hatte bereits im Vorfeld ein Papier des Altgrünen Kurt Edler gesorgt, dem sich zahlreiche GALier wie Ex-Justizsenator Till Steffen angeschlossen hatten. Edler hatte der GAL gravierende innerparteiliche Demokratiedefizite attestiert und unter anderem gesagt, die Partei sei während der schwarz-grünen Koalition zum Beispiel bei der Primarschulreform "nur noch der verlängerte Arm der Schulbehörde" gewesen. Die Mitgliedschaft sei "entmündigt" worden.

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Dieser radikalen Analyse der Parteilage stand der Leitantrag des Landesvorstands gegenüber, der zwar die Fehler der Vergangenheit offenlegt ("Glaubwürdigkeit beschädigt"), aber zugleich auch den Aufarbeitungsprozess beenden und die inhaltliche Diskussion anschieben will. "Ich war entsetzt darüber, wie unpolitisch und entdramatisiert dieser Antrag ist", sagte Edler in Wilhelmsburg und zeichnete es ein düsteres Bild vom Zustand der Partei. "Als GAL-Gründer mache ich mir Sorgen, dass das Kind früher stirbt als die Eltern", sagte der Grüne.

"Kurt Edler wollte mit seinem Antrag provozieren. Das ist ihm gelungen", sagte Parteichefin Fegebank. Edlers Wort von der "entmündigten Mitgliedschaft" regte die Parteichefin auf: "Das richtet sich nicht gegen die Parteiführung, sondern gegen alle Mitglieder."

Ex-Stadtentwicklungssenator Willfried Maier, einst Realo wie Edler, wandte sich gegen seinen früheren Mitstreiter. "Leiden wir unter zu wenig Demokratie? Wird jemandem in der GAL der Mund verboten?", fragte Maier rhetorisch. Er habe sich als Abgeordneter nichts von der Partei vorschreiben lassen wollen, sondern sein Mandat frei ausgeübt. "Schlimm genug!", hallte es aus den Tiefen des Raums.

Die Bürgerschaftsabgeordnete Eva Gümbel forderte die Kritiker auf, "Ross und Reiter" zu nennen. Doch genau das unterblieb. "Ich bin zu höflich und respektvoll, um direkt Personen zu attackieren", sagte Marlis Dürkop-Leptihn, Unterzeichnerin des Edler-Papiers.

Dann ergriff Ex-Stadtentwicklungssenatorin und -Spitzenkandidatin Anja Hajduk das Wort. "Ich verstehe das so, dass ich gemeint bin", sagte Hajduk. "Ich empfinde viel Verantwortung für das Wahlergebnis und sehe persönliche Fehler." Aber das Hauptproblem der GAL sei nicht, "dass unsere innerparteiliche Demokratie zu schwach ist".

Ex-Senatorin Krista Sager riet den beiden Lagern, "etwas abzurüsten". Die GAL hätte viele Krisen überwunden. "Wir sind nicht am Anfang und nicht am Ende, sondern mittendrin." Allerdings müsse die Partei nun dafür sorgen, dass der Ball in die gegnerische Hälfte komme. "Wir dürfen nicht vorrangig im eigenen Strafraum spielen", so Sager.

Die GAL-Mitglieder wollten nicht den großen Showdown. Mit deutlicher Mehrheit wurde entschieden, die beiden Anträge, obwohl gegensätzlich, parallel abzustimmen. Beide Texte wurden mit klaren Mehrheiten angenommen. Allerdings hatten Edler und seine Mitstreiter ihren Text zuvor entschärft. Das böse Wort vom "Führerkult" in der GAL war etwa gestrichen worden.

Katharina Fegebank nimmt ihr Wahlergebnis als Ansporn. "Das ist kein Grund für Luftsprünge, geht aber in Ordnung", sagte sie. Als Schatzmeister setzte sich der Ex-Bürgerschaftsabgeordnete Michael Gwosdz klar gegen Amtsinhaber Helmut Deecke durch.