Im Schwarzbuch 2011 moniert der Steuerzahlerbund unter anderem die Kosten für den Werbezug der Umwelthauptstadt und 35 musizierende Polizisten.

Hamburg. Ins aktuelle Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung 2011" hat es das Toilettenhaus unter der Kersten-Miles-Brücke zwar noch nicht geschafft - schließlich ist offen, ob es überhaupt gebaut wird. Doch wenn es trotz der Proteste so käme, wäre das für Frank Neubauer ein "klassischer Fall von Verschwendung". So scharf wie der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler in Hamburg hat noch kein Kritiker das 500.000-Euro-Projekt verurteilt. "Dieses Klo, Entschuldigung, wenn ich das so deutlich sage, ist kacke", sagte Neubauer gestern. "Der Bezirk Mitte versucht damit nur sein Gewissen zu beruhigen, weil er des Problems mit den Obdachlosen unter Brücke anders nicht Herr wird." Neubauer forderte, die Obdachlosen, die es nun mal in jeder Großstadt gebe, stärker in die Debatte einzubinden und bei Problemen häufiger mal den Bezirklichen Ordnungsdienst vorbeizuschicken.

Im Schwarzbuch prangert der Steuerzahlerbund vier Hamburger Fälle an, bei denen insgesamt rund 15 Millionen Euro vergeudet worden seien:

Energieberg Georgswerder: Der Müllhügel wird im Rahmen der internationalen Bauausstellung zu einem "Highlight erneuerbarer Energien" umgewandelt. Um ihn für Besucher zugänglich zu machen, wird ein 900 Meter langer Rundweg auf Stelzen errichtet, der nachts beleuchtet wird.

Das wirke wie ein "Heiligenschein". Die Baukosten von 3,05 Millionen Euro seien viel zu hoch, moniert der Steuerzahlerbund. Ein einfacher Spazierweg täte es auch.

Geisterdorf Neuenfelde: Im Zuge der Airbus-Werkserweiterung hatte die Stadt 48 Grundstücke in Neuenfelde aufgekauft. Zwei Drittel der 86 Wohnungseinheiten stehen seit 2004 leer, weil Klagen von Mietern gegen die Lärmbelastung durch Flugzeuge befürchtet werden.

Ein Lärmgutachten ergab 2010 aber, dass keine Grenzwerte überschritten werden und daher alle Wohnungen hätten vermietet werden können. Entgangene Miete plus Objektschutz für die Geisterhäuser: eine Million Euro. Zudem will die Stadt die Häuser nun für 6,8 Millionen Euro sanieren, um sie doch vermieten zu können.

Polizeiorchester:

Laut Steuerzahlerbund erzielten die 35 Musiker 2010 mit rund 100 Auftritten Einnahmen von 30 890 Euro, kosteten aber fast 54-mal so viel: 1,657 Millionen Euro. Urteil im Schwarzbuch: So ein unwirtschaftliches Orchester gehöre abgeschafft.

"Zug der Ideen": Die rollende Ausstellung hatte in 18 Städten für Hamburg als "Umwelthauptstadt Europas" geworben. Kosten: vier Millionen Euro. Der Steuerzahlerbund kritisiert, dass im "Zug" keine neuen Ideen, sondern nur althergebrachte Themen wie Mülltrennung präsentiert werden.

"Das Geld hätte man besser in ein Konzept zur Mülltrennung oder in eine sinnvolle Ampelführung gesteckt", sagte Neubauer vor den Containern am Jungfernstieg. Die Umweltbehörde nannte die Kritik "voll daneben". Sie hat die Ausstellung wegen der großen Resonanz um eine Woche verlängert.

Diese Projekte wurden für das Schwarzbuch nominiert:

Rathauskicker

Kritik übt der Steuerzahlerbund auch an den Hamburger "Rathauskickern". Diese Fußballmannschaft setzt sich aus Bürgerschaftsabgeordneten, Fraktionsmitarbeitern und Rathausangestellten zusammen. Die Spieler treten gegen Mannschaften anderer Parlamente und Stadträte an und kommen nach eigener Aussage auch "bei besonderen Anlässen wie Vereinsjubiläen zum Einsatz". Zur Unterstützung der Aktivitäten bewilligen sich die Abgeordneten im Hamburger Rathaus seit 2004 einen Zuschuss: Insgesamt sind bereits 22.000 Euro aus Steuergeld in die Vereinskasse geflossen.

Hamburg-WG

Auf St. Pauli wurde ein exklusives 200 Quadratmeter großes Loft an der Reeperbahn angemietet, in das vier junge Nicht-Hamburger einziehen sollten.

Ein Jahr lang kostenlos wohnen und in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook über ihren Alltag berichten - so lautete die Auslobung. Als die Kosten des Projektes öffentlich wurden, regte sich Widerstand. Auch der Steuerzahlerbund kritisierte dieses Stadtmarketing auf "Big-Brother“-Niveau und forderte die Einstellung.

Hamburg zog sich aus der Finanzierung zurück. Auf einem Großteil der Kosten bleibt der Steuerzahler sitzen: rund 150.000 Euro des städtischen Zuschusses von 279.000 Euro waren nicht mehr zu retten.