Der designierte Bürgermeister Olaf Scholz ist vom Konzept und Leitbild der CDU überzeugt. Nur ist offen, ob der Name “Wachsende Stadt“ bleibt.

Hamburg. Eine der zentralen Hinterlassenschaften der CDU-geführten Senate hat auch nach der Regierungsübernahme durch die SPD eine Zukunft. Der designierte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) steht Idee und Philosophie der "Wachsenden Stadt" positiv gegenüber. "Die Wachsende Stadt ist das richtige Konzept für Hamburg", sagte Scholz dem Abendblatt. "Offen ist, ob es bei dem Slogan bleibt, der sich nach meinem Eindruck ein bisschen überlebt hat."

Scholz hatte bereits in seiner Nominierungsrede zum Bürgermeisterkandidaten am 17. Dezember das Thema aufgegriffen. "Zugegeben, mit der Wachsenden Stadt hatte der Beust-Senat in seinen Anfangsjahren einen Begriff geprägt, der auch das Handeln der sozialdemokratisch geführten Senate vor ihm auf den Punkt brachte. Denn Hamburg wuchs ja auch vor 2001 gegen den Bundestrend", sagte Scholz. Die SPD stehe für wirtschaftliches Wachstum und eine starke Wirtschaft.

Auch der designierte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ist von dem Konzept überzeugt. "Ole von Beust hat Hamburg vor allem mit seinem Leitbild der Wachsenden Stadt nachhaltig geprägt", sagte Horch nach dem Rücktritt von Beusts im Juli 2010.

Das Leitbild der Wachsenden Stadt ist eng mit dem Namen Wolfgang Peiner verbunden. Der damalige CDU-Finanzsenator stellte das Konzept 2002 als "wichtigste Aufgabe für alle Politikressorts" vor. 80 Seiten war es dick und enthielt eine detaillierte Wachstumsstrategie mit Zielen für die Wirtschaft, für den Arbeitsmarkt und für die Einwohnerzahl - die sollte auf zwei Millionen Menschen ansteigen. Kurzum: Hamburg sollte größer und attraktiver werden und sich dabei am besten an den Vorbildern Barcelona, Lissabon oder dem kanadischen Toronto orientieren.

Die SPD stellte den Grundgedanken nie infrage, vielmehr meldete sie schon damals an, die eigentliche Urheberin der Idee zu sein. Der damalige SPD-Fraktionschef Uwe Grund kritisierte, Ole von Beust sei auf einen fahrenden Zug aufgesprungen, den frühere SPD-Regierungen gestartet hätten. So soll 2001 im Rathaus ein praktisch fertiges Konzept in der Schublade gelegen haben, das unter der Verantwortung des damaligen Planungsstabs-Chefs Theodor Körner entwickelt worden war.

Nur ein Leitbild und den eingängigen Slogan hatte die SPD zu der Zeit eben noch nicht. Wie gut den Sozialdemokraten dieser Schachzug der christdemokratischen Konkurrenz gefiel, zeigte sich 2005 - damals versuchten es die Sozialdemokraten bereits ebenfalls mit einem eigenen Leitbild, dem der "Menschlichen Metropole". Laut Fraktionschef Michael Neumann kein Gegenkonzept zur Wachsenden Stadt, sondern eine Strategie, mit der "das gemeinsame, wichtige Ziel der Wachsenden Stadt" erreicht werden könne.

Nur müsse man den Menschen in den Mittelpunkt stellen, hieß es. Hamburg habe zu sehr über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden, so Neumann damals. Der Senat habe damit erreicht, dass die Menschen zusammenzucken würden, wenn sie den Begriff Wachsende Stadt hören.

Kritik am Leitbild gab es erst, seitdem Schwarz-Grün den Slogan 2009 in "Wachsen mit Weitsicht" geändert hatte. Dem Konzept, mit dem ein stärkerer Fokus auf kulturelle Vielfalt gelegt wurde, fehle das Leben. Neumann stellte später per Kleiner Anfrage fest, dass noch keine Details festgelegt wurden. Das gute Leitbild Wachsende Stadt sei einem fragwürdigen Polit-Kompromiss geopfert worden, resümierte Neumann zuletzt vor einem Jahr.