Hamburger nutzen die Chance, die personelle Zusammensetzung des Parlaments zu bestimmen. Aber 530.000 blieben der Wahl fern.

Hamburg. Im Großen und Ganzen ist Landeswahlleiter Willi Beiß mit dem Ablauf der Bürgerschaftswahl zufrieden. Trotz des neuen Wahlrechts seien die ganz großen Katastrophen ausgeblieben. Dennoch gab es - wie bei fast jeder Wahl - den einen oder anderen Fauxpas, der nicht hätte passieren dürfen.

Wie im Wahllokal Kirchenhang 33 in Eißendorf. Eigentlich hätten die 1011 Wahlberechtigten auf dem Stimmzettel des Wahlkreises 17 (Süderelbe) ihre Kreuze machen sollen. Tatsächlich ausgehändigt wurden den Bürgern aber die Wahlunterlagen des Wahlkreises 16 (Harburg). Das merkten weder der Wahlvorstand noch die 401 zur Stimmabgabe erschienenen Hamburger. Erst bei der Auszählung fiel der Fehler auf. Alle 401 Stimmzettel dieses Wahllokals mussten daher als ungültig gewertet werden. "Die Analyse hat aber ergeben, dass dies keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis gehabt hat", sagte Beiß.

Nur knapp an dieser Blamage vorbei geschrammt ist das Wahllokal Grumbrechtstraße. Auch hier wurden statt der 17er Wahlkreiszettel die 16er ausgegeben. Ein Wähler bemerkte gegen elf Uhr diesen Fehler und wies den Wahlvorstand darauf hin. Der wurde sofort aktiv und versuchte, sämtliche Bürger zu erreichen, die bis dahin gewählt hatten.

In 72 Fällen gelang ihm das, und die Bürger konnten erneut abstimmen. 20 Wähler waren nicht mehr erreichbar, sodass auch diese Stimmen ungültig gewertet wurden. Positiv ist laut Beiß der Informationsstand der Wähler gewesen. "Es gab einen sehr geringen Beratungsbedarf in den Wahllokalen", sagte Beiß. "Für diejenigen, die zur Wahl gegangen sind, war das neue Wahlrecht klar."

Das belegt auch die Statistik: 47 Prozent der Stimmen in dem gelben Landeslisten-Stimmheft wurden direkt an Personen vergeben und "nur" noch 53 Prozent an die Gesamtliste der Parteien - obwohl das die vertraute und bis 2004 einzige Wahlmöglichkeit war.

Die neue und von den Wählern ausgiebig genutzte Personalisierung hat die Listen vor allem bei SPD und CDU kräftig durcheinandergewürfelt (siehe Grafik). Die extremsten Beispiele bei der SPD sind die Ernst-Deutsch-Theater-Intendantin Isabella Vértes-Schütter und der Industriemechaniker Ali Simsek, die es von Plätzen 60 und 59 der Landesliste ins Parlament schafften. Bei der CDU zog Nikolaus Haufler von Listenplatz 50 in die Bürgerschaft ein - weil er die siebtmeisten Personenstimmen holte.

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Bei GAL, FDP und Linkspartei war der Anteil der Personenstimmen auf der Landesliste und damit auch ihre Wirkung etwas geringer. Kurioserweise schaffte es bei der GAL mit Heidrun Schmitt ebenso wie bei SPD (Jan Quast) und CDU (Heino Vahldieck) die Kandidaten von Listenplatz 31 den Sprung ins Parlament. Das dürfte vor allem daran liegen, dass dieser Platz auf der rechten Seite im Stimmheft ganz oben steht - da schauen die Wähler offenbar zuerst hin.

Für die Auszähler war es egal, wo welcher Name angekreuzt war. Das Zählen hat dennoch länger gedauert als vom Wahlamt angenommen. "Die Geschwindigkeit des gesamten Geleitzuges bestimmt das langsamste Schiff", versuchte Beiß die unterschiedliche Zählgeschwindigkeit in den Wahlkreisen zu erklären.

Der deutliche Wahlsieg der SPD hat seinen Ursprung in den sozial schlechter gestellten Stadtteilen. Hier erhielten die Hamburger Sozialdemokraten 50,1 Prozent der Landesstimmen, die CDU kommt nur auf 15,7 Prozent, bei einer traditionell niedrigen Wahlbeteiligung in diesen Stadtteilen (diesmal 45,7 Prozent).

In den sozial besser gestellten Stadtteilen (Wahlbeteiligung 72,2 Prozent) erreicht die SPD einen Stimmenanteil von 42,8 Prozent, gefolgt von der CDU mit 29,1 Prozent.

Rekordwerte erreichten erneut die Nichtwähler. Ihr Anteil stieg von 349.000 im Jahr 2001 auf heute 530.000.