Der Sozialsenator kandidiert als CDU-Fraktionsvorsitzender. Amtsinhaber Schira verzichtet

Hamburg. Die Vorentscheidung ist gefallen: Dietrich Wersich, Sozialsenator und Zweiter Bürgermeister, will die CDU künftig in der Opposition anführen. "Ich bewerbe mich um den Fraktionsvorsitz", sagte Wersich dem Abendblatt. Das sei das Ergebnis von Gesprächen, die nun eine "konstruktive Oppositionsarbeit" ermöglichten. Der Weg für Wersich scheint damit frei, nachdem Amtsinhaber Frank Schira seinen Verzicht erklärt hat. "Ich kandidiere nicht als Fraktionsvorsitzender", sagte Schira gestern. Er war wegen der dramatischen Wahlniederlage auch als Parteichef zurückgetreten.

Bürgermeister Christoph Ahlhaus hatte bereits zuvor angekündigt, dass er zwar sein Mandat annehmen werde, aber nicht das Amt des Oppositionschefs anstrebe. Auch Roland Heintze, der als möglicher Fraktionschef galt, zog zurück. "Ich bewerbe mich um den Stellvertreter-Posten", sagte Heintze, der Wersichs Kandidatur unterstützt. Als Fraktionsvize dürfte Heintze, der bislang Vorsitzender des Haushaltsausschusses war, die Rolle zufallen, der SPD auf dem Kernfeld Finanzpolitik Paroli zu bieten. Als zweiter Fraktionsvize wird Hans-Detlef Roock gehandelt.

Das würde bedeuten, dass in Zukunft keine Frau mehr der Fraktionsspitze angehört. Weil die auf 28 Mitglieder geschrumpfte CDU-Fraktion nur noch zwei stellvertretende Vorsitzende haben wird, wäre für die bisherige Fraktionsvize Viviane Spethmann kein Platz mehr. "Viviane Spethmann hat gerade in den letzten Wochen in schwerer Zeit hart gekämpft und gearbeitet. Sie nun außen vor zu lassen wäre weder politisch klug noch gerecht", kritisierte der CDU-Abgeordnete Andreas Wankum.

"Ich unterstütze die Kandidatur von Dietrich Wersich", sagte der CDU-Abgeordnete Robert Heinemann. Der Sozialsenator könne auch wegen seiner Regierungserfahrung dem künftigen Bürgermeister Scholz "auf Augenhöhe" begegnen. "Er steht für die moderne Hamburger CDU und ist ein intelligenter Kopf, der für die Union Visionen entwickeln kann."

"Wir nehmen die vom Wähler zugewiesene Rolle an, die absolute Macht der SPD zu kontrollieren", sagte Wersich. "Wir werden darüber wachen, dass Hamburg nicht wieder in Zeiten des Dornröschenschlafes und der Parteibuchherrschaft verfällt." Die absolute Macht der SPD brauche eine starke Kontrolle. Die SPD habe mit zahlreichen Wahlversprechen die Erwartungen hoch gesteckt. "Wir werden ihnen parlamentarisch auf die Finger schauen", kündigte Wersich an.

Der heftige Streit unter zwei CDU-Abgeordneten hat unterdessen ein juristisches Nachspiel. Heiko Hecht hat vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Andreas Wankum beantragt. "Der Mann gehört in eine Anstalt", hatte Wankum über Hecht gesagt, nachdem Hecht Schira scharf und persönlich attackiert hatte.

Unter anderem hatte Hecht dem Fraktionschef vorgeworfen, er wolle nur seine "Pfründe retten" und habe "hoffentlich Rücklagen gebildet". Wankum sagte dem Abendblatt: "Es passt zu einem, der mehr als gerne auffällt, dass er gegenüber Parteifreunden zu juristischen Mitteln greift." Diskussionen sollten parteiintern geführt werden: "Wie das geht, hat Olaf Scholz vorgemacht."

Hecht konterte: "Es kann nicht sein, dass mit parteiinternen Kritikern so umgegangen wird." Meinungsfreiheit müsse auch weiterhin gewährleistet sein, so Hecht. Schira riet zur Mäßigung: "Ich appelliere daran, vernünftig zu sein und anständig miteinander umzugehen."