Der künftige SPD-Bürgermeister sucht Spitzenkräfte als Senatoren und Staatsräte. Das Abendblatt stellt ihnen mögliche Kandidaten vor.

Hamburg. Die Mixtur des künftigen Hamburger Senats zeichnet sich ab, doch die Zutaten fehlen noch: Hamburgs künftiger Bürgermeister ist noch auf der Suche nach Spitzenkräften für sein Regierungsteam. Neben Senatoren braucht Olaf Scholz Staatsräte und einen Stab, dem er blind vertrauen kann. Idealerweise sollten diese Posten zur Hälfte mit Frauen besetzt werden, kündigte der SPD-Spitzenkandidat an.

Das Abendblatt zeigt weibliche Spitzenkräfte, die nun im Gespräch für Aufgaben innerhalb der Regierung Scholz sein könnten. Einige Männer sind auch dabei, schließlich bietet die künftige Alleinregierung viele Ämter. Klar ist Scholz zufolge auch: Es soll keine "Versorgungsposten" für altgediente Sozialdemokraten geben. Das erhöht die Chancen auch für bisher eher unbekannte Experten.

"Die Besten für Hamburg", dieses Motto hat Scholz ausgegeben. Und eine Rückbesinnung auf alte Tugenden: Staatsräte, also die Nummer zwei hinter den Senatoren, sollen ausschließlich nach Fachwissen und Erfahrung ausgesucht werden. Ein Aufstieg zum Chef der Behörde ist nicht vorgesehen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Scholz will damit offenbar verhindern, dass sich sein Personal mehr mit der eigenen Karriere als mit der Leitung von Behörden beschäftigt.

+++ Das sind Ihre direkt gewählten Abgeordneten +++

Die folgenden Personen erfüllen diese Kriterien: Einige für die erste, einige für die zweite Reihe.

1. Kristin Alheit (SPD): Die 43 Jahre alte Juristin ist seit April 2008 Bürgermeisterin von Pinneberg. Ein politischer Coup: Alheit setzte sich überraschend und deutlich gegen den favorisierten Amtsinhaber Horst-Werner Nitt durch. Vor dem Wechsel nach Pinneberg hatte Alheit in der Hamburger Verwaltung Erfahrungen gesammelt - zuletzt in der Finanzbehörde. Scholz kennt Alheit aus ihrer Zeit als Vorsitzende der Altonaer SPD. In Kassel geboren, kam sie nach dem Studium in Frankfurt und ersten Berufsjahren nach Hamburg.

2. Jutta Blankau (SPD), Bezirksleiterin IG Metall Küste und ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende: Scholz kennt die Gewerkschafterin aus Jugendzeiten, zudem dürften sich die beiden häufiger im Kurt-Schumacher-Haus begegnen. Blankau sagte einmal über Scholz, er sei "pragmatischer" geworden als sie und spielt damit auf ihre gemeinsame Vergangenheit im linken Juso-Flügel an. Allerdings muss Scholz nun den Gewerkschaftsflügel berücksichtigen. Hier braucht er verbindliche und verschwiegene Gesprächspartner.

3. Hortensia Völckers, Vorsitzende der Kulturstiftung des Bundes: Die Kunsthistorikerin, studierte Tänzerin und Politologin kennt sich aus mit zeitgenössischer Kultur. Sie hat etwa die Münchner Tanzbiennale organisiert, war Referentin für Bildende Kunst beim Siemens-Art-Programm, Mitarbeiterin der Documenta X und Mitglied des Direktoriums der Wiener Festwochen. Völckers kämpft für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kulturszene, gleichzeitig aber auch für mehr Mitbestimmung der Bürger, welche kulturellen Angebote sie überhaupt haben wollen. Klingt nach der Kombination aus Kredit bei Kulturschaffenden, aber auch Mut zum Risiko, die Scholz von einer Kultursenatorin erwarten dürfte.

4. Anke Pörksen (SPD): Die 44 Jahre alte Regierungsdirektorin, die seit 2002 in der Schulbehörde arbeitet, hat einen exzellenten Ruf als Juristin. Pörksen ist Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen (AsJ). Im vergangenen Jahr trat sie öffentlich in Erscheinung, weil sie vor 20 Jahren den Sicherungsverwahrten Hans-Peter W. betreut hatte. Pörksen war 2009 im Zukunftsteam des damaligen SPD-Ministerpräsidenten-Kandidaten Ralf Stegner als Justizministerin vorgesehen.

5. Dorothee Stapelfeldt (SPD . Die Hochschulexpertin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende kandidierte 2007 bereits als Spitzenkandidatin. Die ehemalige Präsidentin der Bürgerschaft ist seit 1986 Abgeordnete und dürfte die erfahrenste Hochschulpolitikerin Hamburgs sein. 1981 sammelte sie erste Erfahrungen als Deputierte der Wissenschaftsbehörde, zuvor war sie im AStA aktiv. Obwohl sich Stapelfeldt verstärkt dem Bereich Kultur zuwendet, empfiehlt sie sich auch als Wissenschaftssenatorin.

6. Monika Schaal (SPD): Die Umwelt- und Verbraucherexpertin wurde mit einem der besten Ergebnisse ihrer Partei ins Parlament zurückgewählt. Die gelernte Journalistin und PR-Fachfrau ist Mitglied im Fraktionsvorstand und war Obfrau im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank. Schaal tritt in der Öffentlichkeit sehr fachbetont auf, gilt als engagierte und gründliche Abgeordnete, die ihr Fachgebiet im Griff hat.

7. Gabriele Andretta (SPD): Sitzt seit 1998 im niedersächsischen Landtag. Schwerpunkt: Hochschulpolitik. Die Sozialwissenschaftlerin und Mutter zweier Kinder schaffte auch nach dem Wahlsieg der CDU im Jahr 2003 erneut den Sprung ins Parlament und ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Wohl keine Kandidatin für ein Senatorenamt, aber in der Hamburger Wissenschaftspolitik dürfte Scholz sich über einen Blick von außen freuen.

8. Katharina Kriston (SPD): Die Vize-Leiterin der Europa-Abteilung in der Kieler Staatskanzlei bewarb sich 2010 vergeblich um den Bürgermeisterjob in Norderstedt, gilt als Nachwuchshoffnung. Die Juristin lebt in Hamburg seit mehr als zehn Jahren. Schwerpunkte nach eigenen Angaben: flexible Kita-Betreuung, ökologische Stadtentwicklung, Kinder- und Jugendbetreuung. Außerdem dürfte Scholz gefallen, womit sie sich vergangenes Jahr in Norderstedt vorstellte: "Die guten Kontakte zur Wirtschaft wären bei mir absolut Chefinnensache."

9. Jan Pörksen (SPD): Der Jurist ist ein exzellenter Verwaltungsfachmann: Er ist seit 2005 Haushaltsdirektor in Bremen und arbeitete zuvor unter anderem im Planungsstab der Hamburger Senatskanzlei und im Büro des damaligen Bürgermeisters Ortwin Runde (SPD). Der Mann von Anke Pörksen war bis 2008 Vorsitzender der SPD Eimsbüttel. Er warf hin, nachdem sich Danial Ilkhanipour mit robusten Methoden gegen Mandatsinhaber Niels Annen im Rennen um die Eimsbütteler Bundestags-Kandidatur durchgesetzt hatte.

10. Detlef Scheele (SPD): Der 54 Jahre alte Politologe und Pädagoge ist in der Hamburger SPD kein Unbekannter: Scheele leitete den SPD-Kreisverband Nord in den 90er-Jahren und war damals ein einflussreicher Parteilinker. Viele Jahre lang war der Arbeitsmarktexperte Chef der Beschäftigungsgesellschaft Hamburger Arbeit - und auch unter der CDU-Ägide im Rathaus als Fachmann geschätzt. Scholz vertraut ihm: Als Bundesarbeitsminister holte er Scheele 2008 als Staatssekretär nach Berlin in sein Ministerium.

11. Prof. Christian Bernzen (SPD): Der 48 Jahre alte Jurist ist Schatzmeister der Hamburger SPD und fest im SPD-Kreisverband Mitte verankert. Bernzen ist Sozius der Rechtsanwaltskanzlei Bernzen Sonntag mit Dependancen in Hamburg und Berlin. Bernzen ist Fachanwalt für Kinder- und Jugendhilferecht und Professor für Rechtliche Grundlagen der sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin.

12. Andreas Rieckhof (SPD), Bürgermeister von Stade: Olaf Scholz und Rieckhof sind alte Bekannte aus der Altonaer SPD, ein Urlaubsfoto zeigt die beiden 1994 im Spanienurlaub. Allerdings dürfte den künftigen Ersten Bürgermeister eher der Lebenslauf von Rieckhof interessieren. Vor dessen Wechsel nach Stade arbeitete der 52-Jährige in Hamburger Behörden, etwa als Referent für Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (bis 1995) und als Referatsleiter der "Gemeinsamen Landesplanung Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein". Zur Erinnerung: Der ehemalige Wirtschaftssenator Axel Gedaschko war vor seiner politischen Karriere in Hamburg Landrat in Harburg.