St. Katharinen wird saniert und bleibt bis zum ersten Advent 2011 geschlossen. Pastorin plant Gottesdienste in der Speicherstadt.

Hamburg. Wer schwindelfrei ist, kann aufs Gerüst klettern und schon einen Blick auf ein saniertes Stück Deckengewölbe werfen - strahlend weiß getüncht mit glitzernden Sternen. Von unten, aus dem Kirchenschiff, ist davon nichts zu sehen. Dort versperren die Gerüste die Sicht, die überall in der Hauptkirche St. Katharinen in die Höhe wachsen. Schon bald werden sie auch die mächtigen Säulen umhüllen, die seit fast 700 Jahren das imposante Kreuzgewölbe tragen. Deutlich zeugen dort große feuchte Flecken von der Sanierungsbedürftigkeit der Kirche zwischen Altstadt, Speicherstadt und HafenCity.

Nachdem die Außenarbeiten fast abgeschlossen sind, wird jetzt das Innere renoviert. "Anfang nächsten Jahres müssen wir wohl schließen, dann wird es hier endgültig zu eng und ungemütlich", sagt St.-Katharinen-Hauptpastorin Ulrike Murmann. Die Gemeinde werde dann die Kirche den Bauarbeitern überlassen und ihre Gottesdienste in den Chorübungsraum verlegen. Und weil die Pastorin ihren Gläubigen Abwechslung bieten möchte und generell aus jeder Not lieber eine Tugend macht, will sie "wandernde Gottesdienste" einführen. "Ich kann mir durchaus vorstellen, an verschiedenen Orten in der HafenCity oder Speicherstadt zu predigen - entweder in Eingangshallen von Unternehmen und Museen, oder open air auf den Magellan-Terrassen", sagt Ulrike Murmann.

Am ersten Advent 2011 soll die Kirche wiedereröffnet werden. Bis dahin ist noch viel zu tun: Zusätzlich zur Sanierung der Gebäudesubstanz, den Malerarbeiten und der Fensterrenovierung wird ein neuer, mit einer zeitgemäßen Heizung versehener Fußboden eingebaut und ein Kellerbereich für die Lagerung des Gestühls geschaffen. Am prägendsten jedoch wird der Bau einer neuen Chorempore sein. Hierfür wird die um 1955 eingebaute, vom Kirchenschiff durch mehrere Türen getrennte "Winterkirche" im vorderen Bereich des Gebäudes abgerissen - sodass sich dem Besucher, unmittelbar nachdem er durch das Kirchenportal getreten ist, das Kirchenschiff in seiner vollen Weite präsentiert. "Auf diesen Eindruck freue ich mich besonders", sagt Pastorin Murmann. "Denn wir entwickeln auch ein neues Lichtkonzept: In Zukunft sollen die Säulen von unten angestrahlt, die verschiedenen liturgischen Orte beleuchtet und in Szene gesetzt werden."

Die neue Chorempore besteht aus Stahl, Holz und Glas und wird - unterhalb der restaurierten Barockorgel - wie ein großer Tisch in den vorderen Teil der Kirche gesetzt. "Hier wird Platz sein für etwa 40 Musiker und einen Chor", sagt Helmut Riemann. Der Lübecker Architekt ist für die Innengestaltung von St. Katharinen zuständig, während sich sein Hamburger Kollege Bernhard Brüggemann um die Außensanierung und die Säulen im Kircheninneren kümmert. Ergänzt wird das Expertenteam von Bauforscher Oliver Reimers, der im Auftrag von St. Katharinen die Sanierungsmaßnahmen begleitet. Er hat gerade an der Außenfassade Originalmauerwerk entdeckt. "Backstein und Gipsmörtel sind aus dem Jahr 1350, das ist schon spektakulär", sagt er.

Begonnen wurde mit dem Bau von St. Katharinen bereits 1250. Kriege, Brände und die Nähe zum Wasser haben ihre Spuren am Gemäuer hinterlassen. So musste 1966 der sich neigende Turm saniert werden. Während das Kirchenschiff auf uralten Eichenpfählen im morastigen Untergrund ruht, wurde er mit einer Stahlkonstruktion unterfangen. Seit 2007 laufen nun die jüngsten Sanierungsmaßnahmen, die rund 20 Millionen Euro kosten. "Vier Millionen Euro fehlen uns noch", sagt Ulrike Murmann. "Wir hoffen, dass sich viele Hamburger St. Katharinen durch eine Spende erkenntlich zeigen."