Der geplante Büroriegel an der Willy-Brandt-Straße wird auf der einen Seite um 3,30 Meter niedriger. Der Kirchturmstreit ist damit beendet.

Altstadt. Bis in die Nacht wurde an geänderten Plänen gezeichnet und dann in einer eilig einberufenen Konferenz das Ergebnis präsentiert: Es gibt im Katharinenquartier einen Kompromiss im Streit um die Sichtbarkeit des Kirchturms, dem alle Beteiligten zustimmen. Der geplante Büroriegel an der Willy-Brandt-Straße wird auf der einen Seite um ein Geschoss oder 3,30 Meter niedriger. Der ebenfalls geplante Glas-Schlitz im Gebäude wird nicht verwirklicht. Das soll nun gewährleisten, den Turm der Katharinenkirche aus allen Blickrichtungen sehen zu können. Damit ist der Hauptkritikpunkt einer großen Protestbewegung vom Tisch. Weiterhin soll die Zahl der Wohnungen von 120 auf 125 steigen.

Alle Beteiligten bekundeten ihre "Zufriedenheit" über die 3,30 Meter: die Katharinengemeinde, der Kirchenvorstand, die Interessengemeinschaft Katharinenquartier, der Bezirk Mitte, Bezirkspolitiker, die Baubehörde und auch der Bauherr Hochtief. Doch die frohe Kunde liegt nicht nur bei 3,30 Metern - sondern darin, dass überhaupt ein Kompromiss bei dem 60-Millionen-Euro-Projekt erreicht wurde. Oder, wie Bezirkschef Markus Schreiber (SPD) sagte: "Es gibt kein Bürgerbegehren im Bezirk Mitte, und das soll auch so bleiben." Damit haben die vielen Beteiligten etwas geschafft, das in anderen Quartieren schiefging. Der Kompromiss trägt die klare Handschrift von Oberbaudirektor Jörn Walter, der in vielen Stunden zwischen den Parteien vermittelte und sich viel Respekt errang. So dankte die Gemeinde ausdrücklich nur ihm und nicht den Parteien und Bezirksvertretern.

Darum geht es: Im Jahr 2007 wurde nach der Entscheidung, die Katharinenschule in die HafenCity zu verlagern, das 8500 Quadratmeter große Areal vor der Hauptkirche St. Katharinen neu geplant. Dabei haben sich der Bezirk und der Konzern Hochtief zusammengetan und einen Realisierungswettbewerb ausgelobt. Doch schon der erste Vorschlag missfiel als "zu klotzig".

Im April dieses Jahres wurde dann der erste Kompromiss vorgestellt: Um den Kirchturm besser sehen zu können, hatten die Architekten einen verglasten Schlitz ins Gebäude geschnitten. Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung segnete diese Variante mit einem einstimmigen Beschluss ab. Doch die Glas-Schlitz-Idee, die Bezirkschef Markus Schreiber für "unglaublich genial" hielt, löste einen Protest von ungeahnter Heftigkeit aus.

Der Kirchenvorstand lehnte alles mit einem kategorischen "Nein" ab, weil damit der Kirche "kein Respekt gezollt wird". Man wolle unbedingt eine solche Bausünde wie am Michel vermeiden, der von einem Neubau seit zehn Jahren verdeckt wird.

Deutliche Worte fand Pröpstin und St.-Katharinen-Hauptpastorin Ulrike Murmann, die eine neue Planung forderte, wenn man keinen Kompromiss finde. Unterstützt wurde die Kirche von einer Interessengemeinschaft, die mit einem Bürgerbegehren drohte und gut besuchte Diskussionen organisierte. Nun, ein halbes Jahr später, werden die Pläne noch einmal geändert. Und das Resümee der Hauptpastorin fällt klar aus: "Wir sind neue Wege gegangen: Das bürgerschaftliche und kirchliche Engagement hat sich gelohnt." Die "mantramäßig wiederholten" Forderungen hätten zu einem "besseren Ergebnis" geführt. Doch so ganz scheint die Kirche dem Kompromiss nicht zu trauen. Ulrike Murmann erhob noch Forderungen an den Bauherrn Hochtief: Der Kompromiss müsse verbindlich umgesetzt werden, es müsse eine nachbarschaftliche Vereinbarung geben. Hochtief soll über alle Bauschritte die Gemeinde rechtzeitig informieren. Matthias Tscheu, der Niederlassungsleiter des Konzerns, sicherte dies zu. Bezirkschef Schreiber erwartet nun, dass auch die Finanzbehörde zustimmt. Weil die Baufläche nun geringer ist, werde der Verkaufserlös sinken. Die Höhe sei Verhandlungssache.