Meinungsforscher sehen die FDP und die Linkspartei in der Hamburgischen Bürgerschaft. Christdemokraten und GAL verlieren weiter an Boden.

Hamburg. Wenn schon am Sonntag Bürgerschaftswahlen wären, dann säßen im Landesparlament künftig fünf Parteien: Erstmals hat die FDP in einer Umfrage die Fünf-Prozent-Hürde erreicht. Und die Linke konnte sich um einen Punkt auf sechs Prozent steigern.

Zum ersten Mal eröffnet sich zudem eine neue Koalitionsmöglichkeit: Rechnerisch wäre eine sozialliberale Koalition möglich. Die SPD, für die 46 Prozent votierten, und die Liberalen kämen zusammen auf 51 Prozent der Stimmen. Allerdings hat SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz stets deutlich gemacht, wo seine Präferenz liegt - neben der eigenen absoluten Mehrheit: bei einem rot-grünen Bündnis. Zusammen mit der GAL, die auf 14 Prozent abfällt, gäbe es eine satte Mehrheit von 60 Prozent. Die CDU verharrt bei 25 Prozent.

Für die repräsentative Studie im Auftrag des NDR hat infratest dimap vom 28. Januar bis zum 1. Februar 1000 wahlberechtigte Hamburger befragt. Die Umfrage belegt, dass die SPD im Augenblick in fast allen Belangen vorn liegt. 65 Prozent der Befragten wünschen sich, dass die Sozialdemokraten den nächsten Senat führen. Selbst eine absolute Mehrheit ist bei einem Stimmenanteil von 46 Prozent bei der Sonntagsfrage in greifbare Nähe gerückt: Am ehesten wäre eine SPD-Alleinregierung möglich, wenn nur drei Parteien den Sprung ins Rathaus schaffen. In diesem Fall blieben die Stimmen von FDP und Linken bei der Sitzverteilung unberücksichtigt - Vorteil für Scholz und die SPD. Am unwahrscheinlichsten ist die absolute Mehrheit bei einem Fünf-Parteien-Parlament. Laut aktueller Umfrage kämen CDU, GAL, Linke und FDP zusammen auf 50 Prozent, die in die Sitzverteilung der Bürgerschaft eingehen.

Im direkten Vergleich liegt der Herausforderer Scholz weit vor Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU): Wenn die Hamburger den Ersten Bürgermeister direkt wählen könnten, dann würden sich 64 Prozent für Scholz, aber nur 21 Prozent für Ahlhaus entscheiden. Ahlhaus verfügt damit über keinen Amtsbonus und hat im Wahlkampf bislang keinen Boden gegenüber Scholz gutmachen können.

Auf fast allen Politikfeldern genießt die SPD größeres Vertrauen bei den Befragten als die CDU. Das gilt für den Bereich Schule, bei dem 42 Prozent der SPD, aber nur 20 Prozent der CDU bescheinigen, gute Politik zu machen. 49 Prozent sind der Ansicht, dass die SPD für eine gute Kinderbetreuung sorgen wird. Nur zwölf Prozent trauen das der CDU zu. Auch in der Arbeitsmarktpolitik ist der Abstand mit 43 zu 30 Prozent deutlich. Selbst in ihren klassischen Domänen liegt die Union nur knapp vor der SPD: 37 Prozent trauen der CDU zu, die Kriminalität zu bekämpfen, immerhin 35 Prozent der SPD. In der Wirtschaftskompetenz kommt die CDU auf 39 Prozent, die SPD auf 37 Prozent.

Besonders achten die Parteien stets auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit. Während 62 Prozent der Befragten die SPD für glaubwürdig halten, schafft die CDU nur 34 Prozent. Die GAL liegt mit 46 Prozent noch vor der Union. FDP und Linke kommen auf je 21 Prozent.

Die Umfragewerte nannte Ahlhaus einen Ansporn, in der entscheidenden Schlussphase "noch einmal in die Vollen zu gehen". Er lasse sich von Umfragewerten nicht die Laune verderben. "Wir kämpfen mit vollem Tatendrang und voller Wahlkampflust bis zum letzten Tag", so Ahlhaus. "Wir lassen uns nicht entmutigen - im Gegenteil: Die Umfragewerte spornen an, noch engagierter zu kämpfen", sagte CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Schira.

"Die Zustimmung für die SPD in den Umfragen ist sehr beeindruckend", sagte Olaf Scholz. "Wir stehen aber mit beiden Füßen auf dem Boden." Laut SPD-Fraktionschef Michael Neumann bleibe die SPD "auf nüchternem, sachlichem Kurs - ohne Klamauk und ohne überflüssige Schärfe in der Rhetorik".

GAL-Spitzenkandidatin Anja Hajduk kündigte an, den Unterschied zwischen einer SPD-Alleinregierung und Rot-Grün noch deutlicher machen zu wollen. Nur mit den Grünen liege Hamburgs wirtschaftliche Zukunft nicht allein im Hafen. "Ich habe keinen Zweifel, dass wir auch sechs oder sieben Prozent schaffen können", sagte FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding.