Der CDU-Sozialsenator Dietrich Wersich vergreift sich gegenüber der SPD im Ton. Kaum ein CDU-Politiker kämpft mit so harten Bandagen.

Hamburg. Die Hitze breitet sich langsam aus. Erst am Hals, dann färbt sich das Gesicht des Senators rötlich. Dietrich Wersich (CDU) sitzt auf einem Stuhl in der Landespressekonferenz im Rathaus, er kennt diesen Ort, oft präsentiert er hier Konzepte der Regierung. Höflich und sachlich, wie sich das gehört. Aber jetzt, wo er sich entschieden hat, die Rolle zu wechseln, "so richtig im Brass" ist, wie er sagt, kann er die Wörter aussprechen, die ihm die SPD als Sozialsenator jahrelang an den Kopf geworfen hat: "Angriff auf die soziale Sicherheit", "Sparen mit dem Rasenmäher", "gnadenloses Wegstreichen".

So greift man Senatspläne an, hier aber geht es um das Haushaltskonzept der SPD, die seit zehn Jahren in der Opposition ist und bisher nicht mehr hat als gute Umfragewerte. Aber Wersich eröffnet das Feuer wie auf einen größeren politischen Gegner. Das hat er als Abgeordneter gelernt, als die Sozialdemokraten noch regierten. Sieht so aus, als sei er in dieser Rolle wieder angekommen.

In den vergangenen Wochen hat kaum ein Politiker der CDU mit so harten Bandagen gekämpft. Denn eine gezielte Entgleisung kann vielleicht Weckruf sein, bestimmt aber bringt sie in seiner Position Aufmerksamkeit: "Das ist entweder Verarsche oder man glaubt dran, dann hat man sich nicht mit der Materie auseinandergesetzt ", sagt Wersich zum Konzept der Sozialdemokraten.

Es sieht nicht so aus, als sei diese neue Tonlage im Wahlkampf nur die Initiative dieses einen Senators, der in Parteikreisen immerhin als Kontrahent von Ahlhaus auf das Erbe des zurückgetretenen Ole von Beust gehandelt wurde. Ahlhaus selbst bleibt zwar beim üblichen Vokabular, distanziert sich aber später am Nachmittag auch nicht deutlich von dem Wort "Verarsche".

Neben Wersich in der Landespressekonferenz sitzt Wissenschafts-, Stadtplanungs- und Finanzsenatorin Herlind Gundelach. Die beiden CDU-Politiker schauen sich an, als könnten sie gemeinsam Pferde stehlen.

Gundelach spricht von "Luftbuchungen" und verurteilt Pläne der SPD, die kürzlich gegründete Wissenschaftsstiftung einzudampfen, in einer Härte, als seien die Genossen bereits im Senat und müssten attackiert werden. Zum Sparplan, den Umzug der Umweltbehörde nach Wilhelmsburg zu streichen, sagt sie: "Wilhelmsburg ist ein Stadtteil, der oft benachteiligt wurde." Und: "Wenn es darauf ankommt, dann kneift die SPD."

Viele dieser Sätze waren bisher, wenn auch umgekehrt, von Sozialdemokraten in der Opposition zu hören. Politik ist auch Rollenspiel.