Christoph Ahlhaus (CDU) und Olaf Scholz (SPD) diskutierten unter der unterhaltsamen Leitung von Josef Joffe auf einer “Zeit“-Matinee.

Rotherbaum. "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen" - dieses Loriot-Zitat steht zwar am Anfang der "Zeit"-Matinee in den Kammerspielen, dennoch: Geräuschlos sind weder Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) noch SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz.

Und auch wenn es bereits das fünfte öffentliche Aufeinandertreffen der beiden ist und das Thema "Zurück in die Zukunft: Rot-Grün oder Große Koalition" es nicht gerade vermuten lässt, war es ein mitunter heiterer Vormittag für die 450 Gäste. Das liegt nicht zuletzt am Gastgeber der Matinee: "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe.

Gleich zu Beginn überrascht er den Bürgermeister. Joffe zu Ahlhaus: "Wenn ich mir Ihren Terminplan der vergangenen Woche ansehe, sind Sie ja ein richtiger Wochenmarkthopper. Wie viele Wochenmärkte gibt es in Hamburg?" "Das kann ich nicht beantworten", sagt Ahlhaus und schätzt: "Etwa 80?"

SPD-Kandidat Scholz hat sichtliche Freude an dieser Situation. Nicht für lange. Joffe zu Scholz: "Keine Sorge, für Sie habe ich auch eine Frage in der Kategorie." Heiterkeit beim Publikum.

Joffe: "Herr Scholz, Sie sind in der vergangenen Woche durch die Hamburger Wahlkreise gezogen. Wie viele Wahlkreise hat Hamburg? Scholz: "17". Joffe setzt nach: "Das war leicht. Aber wie viele Stadtteile hat Hamburg?" Scholz: "102". Joffe mit sichtlicher Freude im Gesicht: "Es sind 105." Scholz kontert: "Ich bin mir nicht sicher, ob Sie es verfolgt haben, aber der Senat hat erst kürzlich die Zahl der Stadtteile reduziert." Joffe an Ahlhaus: "Helfen Sie uns, wer hat recht, sind es 105 oder 102?" Ahlhaus: "Es ist mit Sicherheit eine Zahl in dieser Größenordnung." Joffe zum Publikum: "Haben Sie das gehört?" Bürgermeister Ahlhaus versichert er: "Aus Ihnen wird mal ein großer Politiker werden." Großes Gelächter und Applaus vom Publikum - so heiter kann Politik sein.

Ein weiteres Thema sind die persönlichen Umfragewerte der beiden Spitzenkandidaten: Scholz liegt zurzeit bei rund 60 Prozent der Wählerzustimmung, Ahlhaus bei 23 Prozent. "Was ist an Ihnen so viel toller als an Herrn Ahlhaus?", fragt Joffe den SPD-Mann. Der mogelt sich etwas aus der Antwort heraus, will nicht in "diesen Vergleichen" denken, beschreibt sich schließlich so: "Ich hab mich in der Vergangenheit sehr bemüht, eine Politik zu machen, bei der man geerdet ist und pragmatisch." Joffe scheint das nicht zu reichen und setzt nach: "Herr Ahlhaus, was ist an ihm so toll?" Der Bürgermeister antwortet: "Das müssen die beantworten, die ihn toll finden ..."

Natürlich geht es drei Wochen vor der Bürgerschaftswahl auch um ernste Themen. So versucht Josef Joffe den Unterschied zwischen CDU und SPD in Hamburg herauszuarbeiten. Das gelingt ihm nur mäßig. Ob bei der Wirtschaftspolitik, dem Thema Wohnungsbau oder der inneren Sicherheit - die Antworten und Ansichten der beiden Parteien sind nicht wirklich auseinanderzuhalten.

Dann vielleicht doch eine Große Koalition? Joffe an die beiden: "Sie sind doch eigentlich Brüder im Geiste, oder nicht? Da liegt eine Große Koalition doch nahe." Ahlhaus hält sich das offen: "Wenn die Wähler das wollen und es gut ist für die Stadt, wird es von der CDU keine Berührungsängste geben." Anders Olaf Scholz, der schon mehrfach eine Koalition mit der Union ausgeschlossen hatte. "Hamburg muss gut regiert werden. Der Wählerwille darf nicht verfälscht werden - und die Wähler sagen, die CDU muss abgewählt werden", so Scholz.

Nicht nur Josef Joffe arbeitet sich an seinen Gästen ab, auch Ahlhaus und Scholz schenken sich gegenseitig nichts. Wie beim Thema Elbvertiefung. Joffe will von Olaf Scholz wissen, wie er "die Grünen dazu kriegen will, dass sie mitgraben", falls es zu einer Koalition kommt. Olaf Scholz antwortet selbstbewusst: "Die wissen das schon, dass es keine Regierung geben wird, in der die Elbvertiefung nicht intensiv vorangetrieben wird." Dann schießt er in Richtung Bürgermeister nach: "Wenn die SPD einen Partner braucht, wovon man realistisch ausgehen muss, und wir die GAL fragen, darf man trotzdem nicht den Fehler der letzten Jahre machen und alles unterschreiben, was die Grünen fordern. Das wird mit mir niemals so sein."

Beide Kandidaten haben scheinbar die FDP bereits abgeschrieben. Die Frage nach einer möglichen Koalition mit den Liberalen beantworten sie unisono mit: "Die Frage stellt sich nicht."

Was für Hamburg beim "wichtigen Thema Wohnungsbau" nötig ist, sehen die Politiker - mehr Wohnungen. Bürgermeister Christoph Ahlhaus überraschte hierbei mit der Aussage, er wolle dafür die Umweltbehörde wieder von der Stadtentwicklungsbehörde trennen. "Wir brauchen eine Trennung der Bereiche Umwelt und Bauen, um einerseits das Thema Umwelt sehr stark zu halten, auf der anderen Seite aber innerbehördliche Blockaden zu lösen", so Ahlhaus. Scholz lässt das unkommentiert - vielleicht will er zumindest darüber vorher mit den Grünen reden.