Kein anderer Berufsstand unter Hamburgs Beamten ist im Durchschnitt so oft krank. Justizsenator Till Steffen will den Krankenstand senken.

Hamburg. Die Ausfallquote unter den Mitarbeitern der Hamburger Gefängnisse ist so hoch wie nie. Kein anderer Berufsstand unter den Hamburger Beamten ist im Durchschnitt so oft krank (wir berichteten) . Im Abendblatt versucht Justizsenator Till Steffen (GAL) eine Erklärung.

Hamburger Abendblatt:

Herr Steffen, es scheint Frust zu herrschen in den Gefängnissen. Wie erklären Sie sich das?

Justizsenator Till Steffen (GAL):

"Vollzugsbeamte haben schon immer einen höheren Krankenstand, zum Beispiel durch den Schichtdienst. Dazu kommt der Umgang mit einem schwierigen, zum Teil aggressiven Klientel. Das ist eine hohe Anspannung. Gleichwohl interessiert uns sehr, warum die Zahl so ist, wie sie ist. Da gibt es Punkte, an denen wir gegensteuern müssen.

Ist es nicht ein Alarmsignal, dass der Krankenstand bei über 13 Prozent liegt?

Steffen:

Nur zum Teil. Es ist nicht besonders aussagekräftig, den Strafvollzug mit einem Büroarbeitsplatz zu vergleichen. Fakt ist auch, dass wir Personal einsparen müssen, deshalb die Ausbildung zurückfahren. So haben wir einen hohen Anteil an älteren Mitarbeitern. Das Durchschnittsalter wird in den nächsten Jahren ansteigen. Deshalb kann es sein, dass auch die Ausfallquote hoch bleibt.

Sie sagen, dass Sie gegensteuern, aber Nachwuchs wird nicht ausgebildet. Wie passt das zusammen?

Steffen:

Wir müssen Personalkosten in Höhe von sechs Millionen Euro sparen. Das sind etwa 200 Stellen. Das geht leider nicht, wenn wir in den nächsten Jahren ausbilden. Wir können es aber auch vor dem Steuerzahler nicht verantworten, wenn Geld für leere Haftanstalten ausgegeben wird. Aktuell gibt es in Hamburg 1800 Gefangene, seit 2008 sind es konstant unter 2000. Lange hatten wir rund 3000 Haftplätze, zukünftig werden es 2600 sein. Da ist also noch Luft. Es besteht natürlich das Risiko, dass die Gefangenenzahlen wieder nach oben gehen. Aber das Risiko ist überschaubar.

Haftplätze sind das eine, Mitarbeiter das andere. Schon jetzt müssen die Vollzugsbeamten Ausfälle von Kollegen durch Überstunden kompensieren.

Steffen:

Überstunden sind manchmal notwendig. Aber ein echtes Problem mit einer Bugwelle von Überstunden haben wir in den Gefängnissen nicht. Zurzeit haben wir eher das Problem einer zerklüfteten Vollzugslandschaft. Es wird eine Standortkonzentration geben. Der offene Vollzug wird von Glasmoor nach Fuhlsbüttel verlagert.

Es wird alles besser?

Steffen:

Wenn wir stimmige Konzepte haben, wird sich das natürlich auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirken.

Aber gerade in Billwerder, der modernsten Vollzugsanstalt, ist der Krankheitsstand mit 20 Prozent am höchsten.

Steffen:

Das ist auch Folge dessen, dass wir das Haus 1 in Fuhlsbüttel geschlossen haben. Mitarbeiter und Häftlinge mussten nach Billwerder umziehen. Umstrukturierungen bleiben nicht ohne Folgen. Das normalisiert sich wieder.

Wie forcieren Sie das?

Steffen:

Unter anderem durch gezielte Gesundheitsförderung. Und: Die Politik muss offen kommunizieren, wo sie mit dem Vollzug hin will. Das machen wir.

Wohin wollen Sie denn?

Steffen:

Ziel ist, den offenen Vollzug zu stärken. Auch die Unterbringung in Sälen, davon werden wir uns verabschieden. Das ist von vorgestern. Auch für die Mitarbeiter birgt das Stress. Wir werden die Mitarbeiter aus Glasmoor beim Umzug nach Fuhlsbüttel eng einbeziehen.

Zurück in die Gegenwart: Einige Mitarbeiter sagen, von "Gesundheitscoaches", wie es sie in den Anstalten geben soll, hätten sie noch nichts mitbekommen.

Steffen:

In großen Anstalten ist es auch nicht möglich, sofort mit jedem zu sprechen. Aber sicher: Man wird nicht auf einen Schlag alle Gesundheitsprobleme lösen.