1450 Hamburger Polizeibeamte müssen sich 56 Rechner mit Internetzugang teilen. Die Versprechen der Polizeiführung verhallen.

Hamburg. André Schulz konnte seinen Sarkasmus nicht verbergen. "Polizeipräsident Werner Jantosch hat die Zeichen der Zeit erkannt", schrieb der Hamburger Landesvorsitzende vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) auf der Internetseite seines Verbandes. Jantosch hatte gerade angekündigt, dass alle Fahnder der Kripo bis spätestens Sommer einen Interneanschluss bekämen. Das war im Januar dieses Jahres. Zu diesem Zeitpunkt mussten sich laut BDK 1450 Kripo-Beamte 50 Rechner teilen , mit denen sie online gehen können. Im Herbst dieses Jahres haben sie gerade einmal sechs Internetanschlüsse mehr.

Diese Zahl geht aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage des SPD-Innenexperten Andreas Dressel hervor. "Für die Führung von Polizei und Innenbehörde ist die Polizeipräsenz auf Reitwegen offenbar wichtiger als auf der Datenautobahn", sagt Dressel mit Blick auf die Reiterstaffel. "Auch für den neuen Innensenator ist das mehr als peinlich, da sein Vorgänger doch die Bekämpfung der Internetkriminalität zu einem Schwerpunkt gemacht hat."

Die Polizei registriert seit Jahren einen drastischen Anstieg der Internetkriminalität. Das Bundeskriminalamt hat im vergangenen Jahr mehr als 200 000 Delikte gezählt - eine Zunahme um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es sind Verbrechen, die keine Landesgrenzen kennen. "Aber die Polizei im Bundesland Hamburg ist nicht zeitgemäß ausgestattet", beklagt Gewerkschafter Schulz.

Die Ausstattung mit Internetanschlüssen in den Polizeiwachen mutet anachronistisch an. So sind von 98 PC-Arbeitsplätzen am Kommissariat Rahlstedt lediglich zwei internettauglich. In Bergedorf sind es zwei von 103, in St. Georg immerhin fünf von 87. Gewerkschafter Schulz berichtet: "Die Kollegen stehen Schlange an den Rechnern. Die Ermittlungen verzögern sich. Da sind selbst Schüler besser ausgestattet, als viele Kripo-Beamte."

Schulz berichtet weiter, dass Beamte ihre eigenen Laptops mit auf die Dienststelle nehmen würden. "Die legen sogar Geld zusammen, damit sie UMTS-Sticks kaufen können, mit denen sie ins Internet gehen", sagt Schulz. Nicht nur an den Wachen, auch beim Landeskriminalamt. So gibt es Berichte, dass Fahnder der Mordkommission, im Bereich Organisierte Kriminalität und sogar beim Staatsschutz auf eigene Kosten im Internet recherchieren, weil die Kapazitäten der Polizei einfach nicht ausreichend seien.

Dabei kommt kaum ein Ermittler mehr ohne Internetrecherche aus. In sozialen Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ erfahren sie etwa, mit wem Jugendliche Straftäter in Verbindung stehen. Islamisten, Rechts- und Linksradikale kommunizieren im Internet. Lange Zeit wurden die fehlenden Internetrechner mit Sicherheitsbedenken begründet. So sei es nachvollziehbar, dass sich niemand in das Datennetz der Polizei einhacken können darf. "Aber die Schleswig-Holsteiner Polizei hat seit sieben Jahren flächendeckend Zugang zum Internet", sagt Schulz. "Es gibt also schon lange ein funktionierendes Sicherheitssystem." Die Polizeiführung habe viele Jahre die Notwendigkeit zum Handeln nicht gesehen, kritisiert Schulz. "Und nun verzögert sie die Einführung trotz der Zusage, dass die Internetzugänge bis Sommer dieses Jahres kommen sollen."

Dem widerspricht Polizeipräsident Werner Jantosch. Er habe angekündigt, dass das Konzept zur Einführung in diesem Sommer stehen solle - und nicht etwa das flächendeckende Internet für die Kripo (siehe Interview). Nun soll es im kommenden Jahr an allen Polizei-Rechnern Zugänge für das weltweite Netz geben. Allerdings nur, wenn Hamburg die dafür notwendigen 400 000 Euro aufbringt. "Wir sind jetzt dabei, die finanziellen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen", sagt Ralf Kunz, Sprecher der Innenbehörde.

Das müsste die Behörde wohl nicht tun, wenn Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) einen Sparvorschlag der Polizei angenommen hätte: die Abschaffung des Polizeiorchesters. Das hätte 1,5 Millionen Euro im Jahr gebracht.