Nur ein Bruchteil der durch die frostigen Temperaturen beschädigten Straßen ist in Hamburg bisher saniert worden - für den Rest reicht das Geld nicht.

Hamburg. Während die Hamburger in den vergangenen Wochen vor allem unter der großen Hitze gelitten haben, kämpfen die Bezirke noch immer mit den Auswirkungen des harten Winters. Nur ein Bruchteil der durch die frostigen Temperaturen beschädigten Straßen sind bisher saniert worden - für den Rest reicht das Geld nicht. Das geht unter anderem aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Koeppen hervor.

Die Bezirke fordern nun mehr Mittel , um die Arbeiten fortsetzen zu können. Einige - darunter Harburg, Mitte und Altona - haben bereits jetzt Geld aus dem Etat von 2011 beantragt, um zumindest einen Teil der notwendigen Arbeiten noch in diesem Jahr beginnen zu können. Was dann im kommenden Jahr geschehen soll, nachdem ein weiterer Winter am Asphalt genagt haben wird, bleibt offen.

Konkret sind von den im April im großen Schlagloch-Atlas zusammengestellten 580 defekten Straßen beziehungsweise Straßenabschnitten erst 182 (also knapp jede Dritte) abgearbeitet worden. Mit den Arbeiten an weiteren 104 Straßen soll noch in diesem Jahr zumindest begonnen werden. Was mit den restlichen 294 mehr oder weniger kaputten Bezirks- und Hauptverkehrsstraßen ist, ist noch völlig unklar. Von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) heißt es dazu. "Die noch nicht instand gesetzten Straßen werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel nach und nach erneuert." Dabei würden "Prioritäten berücksichtigt" werden. Auf einen Zeitplan will sich die zuständige Behörde nicht festlegen lassen.

Wolfgang Kopitzsch (SPD), Amtsleiter im Bezirk Nord, sagte dem Abendblatt: "Der Zustand der Straßen ist eines der größten Probleme in unserem Bezirk." Schon seit Jahren habe es zu wenig Geld für den Erhalt gegeben, die Reparaturen seien nur bruchstückhaft erledigt worden. "Und jetzt nach dem harten Winter haben die Mittel natürlich nicht annähernd ausgereicht", so Kopitzsch. Längst seien sie erschöpft. "Wir haben schon mehrfach betont, dass wir mehr Geld für die Straßen brauchen." Selbst wenn der kommende Winter milder werde als der außergewöhnlich kalte in diesem Jahr, "kriegen wir ein Problem". Kopitzsch hofft nun, dass doch mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.

Mit diesem Wunsch steht der Bezirksamtsleiter nicht alleine da. Alle sieben Bezirke haben bei der BSU weitere Mittel für die Instandsetzung weiterer Straßen beantragt, betonte Nils Fischer, Sprecher des Bezirksamts Altona.

Besonders brenzlig sehen die Harburger ihre Situation. Von zehn Straßen mit der höchsten Sanierungspriorität (also den größten Schäden) ist nach Angaben des Bezirksamts erst eine Straße fertiggestellt. Mit den Arbeiten an zwei weiteren werde noch in diesem Jahr begonnen. Für die restlichen sieben Straßen mit Priorität I reicht das Geld nicht mehr. Die 330 000 Euro aus dem Zehn-Millionen-Sofortprogramm der Behörde seien aufgebraucht. Um die anderen Straßen in Angriff nehmen zu können, muss Harburg auf Mittel aus 2011 vorgreifen. 524 000 Euro stehen dann aus dem Konjunkturprogramm zur Verfügung.

Der Bezirk Mitte hat auf 250 000 Euro, Altona auf 610 000 Euro aus dem Jahr 2011 vorgegriffen. Alle haben das gleiche Problem: Das Geld reicht nicht. Zwar sind die Bezirke nach eigenen Angaben ihrer Verkehrssicherheitspflicht nachgekommen, hätten also die Schlaglöcher vorübergehend gestopft. Tatsächlich sind diese Reparaturen aber nur "zeitlich begrenzte Übergangslösungen", also Flickschusterei. Nach ein paar Monaten sieht es genauso schlimm aus wie vorher.

Überrascht hat Martina Koeppen (SPD) das Ergebnis ihrer Kleinen Anfrage nicht. Im Gegenteil, es sei von vornherein klar gewesen, dass bei der großen Zahl der defekten Straßen auch die Sondermittel nicht ausreichen würden. Sie fordert den Senat und insbesondere Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) auf, trotz der Einsparvorgaben des Senats die Mittel in diesem Bereich noch weiter zu erhöhen. Selbst die ab 2011 angekündigte Verdoppelung der Mittel um zehn Millionen Euro im Betriebshaushalt auf 19,6 Millionen Euro reichen nicht aus, so Koeppen.

Es müsste zusätzliches Geld für den Bereich Straßenbau und -sanierung zur Verfügung gestellt werden. "Bevor man sich Luxusprojekte wie Gemeinschaftsstraßen ('shared space') leistet, sollte man das Vorhandene in Ordnung bringen", sagt Koeppen.

Eine Forderung, mit der sie bei CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse offene Türen einrennt. "Die Sanierung der Straßen ist eine politische Priorität von uns", sagte Hesse dem Abendblatt. Dies dürfe nicht am fehlenden Geld scheitern. "Das können wir nicht akzeptieren, denn der nächste Winter kommt bestimmt, und der nächste Frost macht die Sache schlimmer und nicht besser", so Hesse. Jetzt müsse "Gas gegeben werden" und noch so viele Straßen repariert werden wie irgend möglich.

Um genau diese Reparaturen und die dabei entstehenden Kosten künftig besser organisieren zu können, fordert die SPD zudem die Einführung eines "Erhaltungsmanagements".

Martina Koeppen sagte dazu: "Wir brauchen einen genauen Überblick über sämtliche Schäden an sämtlichen Straßen und darüber, was die Reparaturen und Instandsetzungen kosten werden." Nur so könnte der schlechte Zustand von Hamburgs Straßen kontinuierlich verbessert werden. "Die Flickschusterei muss endlich ein Ende haben", fordert Koeppen.