Nach acht Jahren wohnungsbautechnischer Führungslosigkeit soll SPD-Mann Michael Sachs die Zügel in Sachen Wohnungsbau in die Hand nehmen.

Offiziell ist noch gar nichts. Inoffiziell steht fest: Michael Sachs wird der neue Wohnungsbaukoordinator in Hamburg. Er soll das richten, was in den vergangenen Jahren ganz offensichtlich schiefgelaufen ist in dieser Stadt.

Das sind die Fakten: Von 265 000 preislich gebundenen Sozialwohnungen im Jahre 1990 sind aktuell noch rund 100 000 übrig. Jedes Jahr laufen im Schnitt etwa 6000 Sozialbindungen aus. Dem stehen nur wenige Hundert neue Sozialwohnungen pro Jahr gegenüber. Die beiden Wohnungsbauoffensiven des Senats haben nicht gefruchtet. In fast allen Stadtteilen fehlen bezahlbare Wohnungen für Singles, aber auch für Familien. Die Schlangen der Suchenden bei Besichtigungsterminen sprechen ihre eigene Sprache.

2002 wurde der Posten ersatzlos gestrichen

Das ist die Situation, die Michael Sachs vorfinden wird, wenn er voraussichtlich Ende des Monats in die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) wechselt. Der Senat muss der Personalie noch zustimmen - aber dem Vernehmen nach ist das nur noch Formsache. Selbst die CDU, die den Posten des Wohnungsbaubeauftragten 2002 ersatzlos gestrichen hatte, soll mit Sachs leben können - auch wenn ein Grummeln in der Fraktion darüber nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Hier hat sich die GAL-Senatorin durchgesetzt.

Der neue Wohnungsbaukoordinator wird direkt Senatorin Anja Hajduk (GAL) unterstellt und ihr gegenüber berichtspflichtig sein. Hajduk selbst war es, die unbedingt Sachs für den Posten haben wollte. Die beiden kennen sich aus der Zusammenarbeit im Saga-Aufsichtsrat. Das SPD-Parteibuch soll bei der Wahl keine Rolle gespielt haben. Vielmehr sei es die hohe Kompetenz von Sachs, seine Verwurzelung in der Stadt und nicht zuletzt seine "hohe Motivation bei dieser Aufgabe".

Dieser Kredit dürfte dem neuen Koordinator bei dem, was vor ihm liegt, helfen. Schaden dürfte dabei aber genauso wenig, dass er auch bei der Opposition in hohem Maße anerkannt ist. Diese Personalentscheidung ist jedenfalls nicht ungeschickt. Sachs kennt alle Akteure in Hamburg, er weiß, wo der Wohnungswirtschaft der Schuh drückt. Er selbst hat zahlreiche Saga-Bauvorhaben erlebt, die im Verwaltungsapparat stecken geblieben sind.

Künftig soll Sachs die Dinge steuern, soll beschleunigen, soll koordinieren, soll Schnittstelle sein zwischen den Behörden, den Bezirken und dem Immobilienmanagement.

Es gibt Oppositionelle, die nennen diese Aufgabe in Hamburg ein "Himmelfahrtskommando".

Verwundert ist in der SPD übrigens niemand, dass am Ende einem Sozialdemokraten die Aufgabe übertragen wird - eher stolz. Selbstbewusst kommentiert ein Parteifreund von Sachs: "Jeder, der sich in der Wohnungswirtschaft in dieser Stadt wirklich auskennt, ist ein Sozialdemokrat." Solche Experten gebe es in CDU und GAL nicht.

Sachs verhandelte schon in der Hafenstraße

Wer ist dieser Experte, dem sowohl die GAL als auch die SPD vertraut? Zumindest ist er schwierige Aufgaben und harte Auseinandersetzungen gewöhnt. In der Bürgerschaft galt er Ende der 1980er-Jahre als gefürchteter Debattenredner, als profilierter SPD-Linker, der sich auch nicht scheute, sich mit der Mehrheit seiner eigenen Partei anzulegen. Als seine Fraktion dies nicht mehr zu schätzen wusste, wurde er Senatsvertreter im Verein Hafenstraße, argumentierte gegen die aufgeheizte Stimmung in der Stadt und gegen die Hardliner unter den Hafenstraßen-Bewohnern. Schon damals sprach sich Sachs gegen Wohnungsabriss und für mehr Sozialwohnungen und alternative Wohnformen aus.

Seitdem ist viel Zeit vergangen. Die Kontakte aus den Jahren nimmt Sachs mit, seine Erfahrung auch und sicherlich seine Hartnäckigkeit, sich für den Wohnungsbau einzusetzen. Ob das reicht?

Noch aus einem anderen Grund ist die Wahl von Michael Sachs ein kluger Schritt. Er hat seine berufliche Karriere hinter sich. Er muss keine Rücksicht nehmen auf Befindlichkeiten, muss niemandem gefallen, muss nichts mehr werden. Dennoch: Es bleibt ein anspruchsvoller Job. Ob Sachs ihn bewältigt, werden die nackten Zahlen zeigen.

Aber auch aus einem anderen Grund ist die Wahl ein cleverer politischer Schachzug von Anja Hajduk. Wenn der härteste Kritiker der Stadtentwicklungssenatorin, SPD-Wohnungsexperte Andy Grote, von Sachs als einem "großen sozialdemokratischen Erfolg" spricht, hat Anja Hajduk an dieser Stelle zunächst einmal Ruhe. Der Wohnungsbau jedenfalls steht auf der Agenda des Senats deutlich weiter oben als bisher.