Das Fax wurde nicht an Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck weitergeleitet. Der Baukonzern will jetzt doch einen Terminplan vorlegen.

Hamburg. Die Kulturbehörde hat ihre Drohung wahr gemacht und gestern in Sachen Elbphilharmonie Klage gegen den Baukonzern Hochtief einreichen lassen. Behördensprecher Karl-Olaf Petters bestätigte, dass die für die Durchführung des Projekts verantwortliche städtische Realisierungsgesellschaft (ReGe) vor dem Amtsgericht auf Herausgabe eines belastbaren Terminplans klage. Da Hochtief diesen bislang verweigert, hatte Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) am Dienstagabend im Kulturausschuss der Bürgerschaft juristische Schritte für den Fall angekündigt, dass der Baukonzern seine Haltung nicht bis 24 Uhr an dem Tag ändere (wie berichtet).

Im Prinzip geht es um die Frage, wann das Konzerthaus eröffnet werden kann. Hochtief hatte im Januar lediglich mitgeteilt, dass zumindest der Große Saal nicht wie vereinbart Ende 2011 fertig werde, sondern ein Jahr später. Die Eröffnung müsste demnach von Mai 2012 auf Mai 2013 verschoben werden. Zusätzliche Brisanz bekommt die Geschichte durch das, was die Senatorin den Abgeordneten nicht berichtete: Hochtief hatte am Dienstagnachmittag, etwa 90 Minuten vor der Ausschusssitzung, in einem Fax an die ReGe angekündigt, bis zum 16. April einen Terminplan vorzulegen. Das bestätigte Hochtief-Sprecher Bernd Pütter und zeigte daher gestern wenig Verständnis für das harte Vorgehen der Stadt: "Es ist aus unserer Sicht nicht zielführend, jetzt zu klagen." Im Übrigen laufe die Klage ins Leere, da man ja einen Plan vorlegen werde.

Doch das Fax an die ReGe hatte von Welck am Dienstag gar nicht erreicht, folglich konnte sie über den Inhalt auch nichts mitteilen. Behördensprecher Petters erklärte das mit einem bedauerlichen "Büroversehen". Übersetzt: Die ReGe hat die Weitergabe verpennt. Wäre das Schreiben rechtzeitig bekannt geworden, hätte es aber "inhaltlich nichts geändert", so Petters: "Wir halten an der Klage fest." Denn wie Hochtief dem Abendblatt bestätigte, werde auch der nun zugesagte Terminplan unter Vorbehalt stehen.

Damit steht auch künftig Aussage gegen Aussage: Der Baukonzern begründet die Verzögerung damit, dass nicht alle Pläne der Architekten vorliegen und die Stadt ständig Änderungswünsche habe. Folglich könne man keine belastbaren Termine nennen. Die Kulturbehörde wiederum behauptet, alle Pläne lägen vor, und Hochtief sei vertraglich verpflichtet, einen konkreten Terminplan vorzulegen. Die Wahrheit soll nun vor Gericht ermittelt werden.

Dass die Kultursenatorin in Unkenntnis eines wichtigen Schreibens im Ausschuss auftritt, kritisierte die Opposition gestern scharf: "Das derzeitige Bild und die Imagefolgen nach innen und außen sind verheerend", sagte Anna Gosche (FDP). Sie empfahl der Senatorin, das Projekt durch "besonnenes und abgestimmtes Auftreten" zu stärken. Peter Tschentscher (SPD) warnte vor unnötigen Gerichtskosten, "weil die Kultursenatorin über den Sachstand in der Frage der Terminpläne nicht richtig informiert ist". Grundsätzlich begrüßte er aber die härtere Haltung gegenüber dem Baukonzern. SPD und Linkspartei warfen zudem die Frage auf, warum der Senat noch Ende 2008 Hochtief eine "Einigungssumme" von 30 Millionen Euro gezahlt hatte, nur um eine juristische Auseinandersetzung zu vermeiden, jetzt aber selbst ein Gericht einschaltet. "Das bestätigt den Eindruck, dass der Senat nach wie vor keine souveräne Verhandlungsposition hat", sagte Norbert Hackbusch, (Linke). Die Eröffnung der Elbphilharmonie wurde bereits mehrfach verschoben. Parallel explodierten die Kosten für die Stadt, zuletzt von 114 auf 323 Millionen Euro. Inklusive Wohnungen und Hotel kostet das Projekt gut 500 Millionen Euro.