Die Grünen aus Nordrhein-Westfalen schalten sich jetzt ein. Der Grund: Offenbar vertrauen sie der Hamburger GAL nicht.

Hamurg. Der verrostete Container mit radioaktivem Uranhexafluorid, der auf der Autobahn bei Bremen gestoppt wurde, treibt bemerkenswerte politische Blüten. Nun meldet sich die GAL aus Gronau in Hamburg zu Wort: Mit "Fragenkatalogen" an die Hamburger Behörden will sie Klarheit darüber schaffen, warum die radioaktive Fracht unkontrolliert den Hamburger Hafen verlassen konnte (wir berichteten). "In der Urananreicherungsanlage Gronau gab es immer wieder Zwischenfälle, auch bei den Urantransporten per Lkw und Schiene sind Freisetzungen von Uranhexafluorid zu befürchten", sagt Udo Buchholz, GAL-Fraktionschef in Gronau (Nordrhein-Westfalen).

Der Verdacht drängt sich auf, dass die Grünen aus dem Münsterland die Aufklärung nicht gänzlich ihren Hamburger Parteikollegen überlassen wollen - zumal die in vielen Fällen zuständige Umweltbehörde von der GAL-Senatorin Anja Hajduk geführt wird. Außerdem haben sich die Grünen in Hamburg vergleichsweise pragmatisch in die gemeinsame Regierungsarbeit mit der CDU eingefunden, während die GAL in Gronau klassische Anti-Atomkraft-Aktionen organisiert.

"Natürlich müssen die Hintergründe des Transports lückenlos aufgeklärt werden", sagte Jenny Weggen, GAL-Umweltexpertin in der Bürgerschaft. "Aber wir müssen auch sehen, dass diese Transporte vom Bund genehmigt werden und unsere Spielräume entsprechend eng sind." Zudem engagiere sich Hamburg auf Initiative der Grünen bereits für erneuerbare Energien, etwa durch Gründung der Stadtwerke.

Das will die Linksfraktion nicht gelten lassen und treibt den Widerstand gegen atomare Transporte über Hamburg voran. Ihrer Ansicht nach hat der Senat deutlich mehr Handlungsspielraum, als von der GAL dargestellt. "Der in Bremen gestoppte Schrott-Container ist im Hamburger Hafen anstandslos umgeladen worden. Das zeigt, wie es um die Sicherheit bei den Atomtransporten bestellt ist", sagte Fraktionschefin Dora Heyenn. "Der Senat ist für die Sicherheit der Bevölkerung verantwortlich und muss endlich etwas unternehmen." Per Bürgerschaftsantrag soll der Senat aufgefordert werden, Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen. Möglich sei, so die Linke, dass Hamburgs Landesregierung die Aufsicht für Atomtransporte eindeutiger verteilte, als es jetzt der Fall sei: Neben Umwelt-, Gesundheits- und Innenbehörde sind auch Polizei und Eisenbahnbundesamt zuständig. Zudem könne der Senat auch Gesetzesänderungen in den Bundesrat einbringen, um längerfristig die Zahl der radioaktiven Transporte durch Hamburg zu reduzieren.

Auch verweist die Linke auf den Bericht des Rechnungshofs für das Jahr 2009, aus dem hervorgeht: Obwohl Strahlenunfälle seit 15 Jahren als Risikoszenario definiert seien, habe eine entsprechende Übung lediglich im Jahr 2005 stattgefunden. "Der Rechnungshof hat beanstandet, dass die Übungspraxis der Innenbehörde keine Vorbereitung auf wesentliche Risiken sicherstellt."

Dass die Risiken für Unfälle mit atomaren Gütern im Hamburger Stadtgebiet eher zunehmen, dürfte niemand bestreiten. Im vergangenen Jahr rollten 235 Transporte mit radioaktiven Gütern durch das Stadtgebiet - laut Umweltbehörde mit steigender Tendenz. Ein Großteil dieser Transporte aus aller Welt besteht aus Uranhexaflourid, einem Zwischenprodukt zur Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke. Uranhexaflourid ist radioaktiv und als "sehr giftig" eingestuft. Vergangene Woche war bei Bremen ein 15 Tonnen schwerer Transport von der Polizei gestoppt worden: Der Container mit verrosteter Halterung hatte unbemerkt den Hamburger Hafen verlassen.