Die Arge erstattet Anzeige: Es geht um Mietwucher und Betrug. Der Verdacht richtet sich gegen die Firma eines Hamburger CDU-Politikers.

Hamburg. Seit Monaten schwelt der Verdacht, jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Kuhlmann Grundstücks GmbH, deren Geschäftsführer und Gesellschafter der CDU-Politiker Thorsten Kuhlmann ist, soll als Vermieter die Größe seiner Wohnungen am Roßberg (Eilbek) falsch angegeben und so mehr Miete erhalten haben. Da es sich um Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern handelt, kommt der Steuerzahler über die Arge dafür auf. Die hat nun eine Strafanzeige wegen der Eilbeker Wohnungen gestellt. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers dem Abendblatt.

"Uns liegt eine Anzeige gegen unbekannt beziehungsweise gegen Verantwortliche einer Grundstücksgesellschaft vor", sagte Möllers. Offenbar will sich die Arge mit dieser vorsichtigen Strafanzeige juristisch absichern. In dieser werde laut Möllers der Verdacht erhoben, dass die tatsächliche Wohnfläche deutlich von der in dem Mietvertrag angegebenen abweiche. "Wir ermitteln in elf Fällen wegen des Verdachts des Betrugs und Mietwuchers", so Möllers.

Die Arge hatte nach zahlreichen Medienberichten 30 Wohnungen, die die Firma des CDU-Politikers Thorsten Kuhlmann an Hartz-IV-Empfänger vermietet, nachgemessen und festgestellt, dass sie deutlich kleiner sind, als im Mietvertrag angegeben. Auch zivilrechtlich will die Arge gegen den Vermieter vorgehen. "Wir werden alles tun, um die zu viel gezahlte Miete zurückzuholen", sagte Horst Weise, Sprecher der Arge. Bislang habe man in solchen Fällen mit dem Mieterschutzbund zusammengearbeitet. Sollte sich die Affäre ausweiten, sei ein Alleingang der Arge wahrscheinlich. Weise rechnet damit, dass noch mehr der rund 300 von der Kuhlmann Grundstücks GmbH vermieteten Wohnungen unkorrekt abgerechnet worden sind.

Schon im Oktober 2009 berichtete das Hamburger Obdachlosenmagazin "Hinz & Kunzt" von falsch bemessenen Wohnungsgrößen und katastrophalen Zuständen der von Kuhlmanns Firma an Hartz-IV-Empfänger vermieteten Wohnungen. So soll eine laut Mietvertrag 40 Quadratmeter große Wohnung in Wirklichkeit ein nur etwa halb so großes Zimmer ohne Küche und Bad gewesen sein. Der Mieter hatte sich bei der Hausverwaltung beschwert, aber ohne Erfolg. "Als Antwort habe ich zu hören bekommen, das könne mir doch egal sein, das würde doch ohnehin das Amt bezahlen", sagte er "Hinz & Kunzt". Seine Kaltmiete für das Zimmer: 300 Euro - das sind 14,21 Euro pro Quadratmeter. Solche Mieten werden auch in Harvestehude verlangt.

Aus Angst, sein Zimmer zu verlieren, schwieg der Mieter - wie viele seiner Nachbarn. Viola Schürmann und Anna Seiffe waren die Ersten, die sich an den Mieterverein wandten. Nach monatelanger Suche hatten sie sich zunächst über ihr neues Zuhause gefreut. Dass die Wohnung keine Fenster hatte, störte sie nicht. Dann kam der Schimmel. Der Mieterverein hakte nach - und fand heraus, dass die Wohnung der Frauen gar nicht als Wohnung vermietet werden darf. Ohne Belüftung und Tageslicht gilt sie als Keller.

Noch immer steht nicht genau fest, wie viele Wohnungen Thorsten Kuhlmann an Hartz-IV-Empfänger vermietet hat. Denn die Arge zahlt nicht in allen Fällen die Miete direkt an den Vermieter, die meisten Mieter bekommen das Geld erst auf ihr eigenes Konto. Und Thorsten Kuhlmann selbst ist für eine Stellungnahme nicht zu erreichen - auch nicht für die Arge. Seine Ämter als Zweiter Vorsitzender der CDU in Osdorf und als Mitglied der Deputation der Sozialbehörde, in deren Funktion er sogar den Sozialsenator beriet, hat er mittlerweile niedergelegt.

"Alle dachten, er sei ein ordentlicher Bürger, es gab keine Verdachtsmomente", sagt Weise. "Und natürlich sind wir grundsätzlich erst mal froh, wenn überhaupt jemand sozialen Wohnraum anbietet." Da sich Thorsten Kuhlmann nach der Berichterstattung von "Hinz & Kunzt" kooperativ gezeigt und freiwillig drei Monatsmieten zurückerstattet habe, sei man auch nicht misstrauisch geworden und von einem Einzelfall ausgegangen.