Ein Familienausschuss berät öffentlich die Kita-Gebührenerhöhung. Kritiker befürchten, dass Paare auf Kinder zukünftig verzichten könnten.

Hamburg. "Jetzt geht es gleich los", sagte die Mutter zu ihrem Kind. "Was geht los?", fragte das Kind. "Jetzt wird gleich ganz viel geredet." So kam es dann auch. Der Familienausschuss der Bürgerschaft hatte zur Anhörung über die geplante Kita-Gebührenerhöhung geladen. Rund 60 Hamburger waren in die Patriotische Gesellschaft gekommen, um von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Nach Paragraf 59 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft kommt nämlich bei einer Anhörung jeder zu Wort, der zuvor erklärt hat, er könne "zu dem zur Erörterung stehenden Gegenstand eine sachliche Auskunft geben".

Und das konnten viele Eltern. Fast anderthalb Stunden erläuterten sie den Ausschussmitgliedern und Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) in immer neuen Wortmeldungen, warum sie die Erhöhung der Kindergartengebühren und des Essensgeldes ablehnen. Eine berufstätige Mutter sagte, die Gebühren seien so hoch, dass sich das Arbeiten finanziell nicht mehr lohne. "Ist das das Ziel des schwarz-grünen Senats, dass Mütter nun wieder zu Hause bleiben?" Ein Vater bezog sich auf die Aussage des Senats, die Einnahmen aus den höheren Elternbeiträgen flössen in den Ausbau der Kindertagesstätten. "Wir bezahlen schon Steuern, warum sollen wir Eltern den Kita-Ausbau finanzieren?" Ein anderer Redner verwies auf die "historische Dimension" des geplanten Beschlusses. Der führe nämlich dazu, dass Paare auf Kinder verzichten würden. "Was nützt die Elbphilharmonie, wenn es keine Kinder gibt?"

Breiten Raum nahm die geplante Einführung einer einkommensabhängigen Kita-Gebühr für die Eltern von behinderten Kindern ein. Bislang zahlten alle einen Eigenanteil von 31 Euro im Monat, in Zukunft soll er je nach Einkommen der Familie auch höher liegen. Ein Vater beschrieb eindringlich die Belastungen, denen eine Familie ausgesetzt ist, die ein behindertes Kind betreut. Sein Fazit: "Sie dürfen nicht an die Behinderten ran, das geht nicht." Trotz der breiten Kritik an der Kindergarten-Politik des Senats steigt offenbar die Zahl der Kinder, die in Hamburger Einrichtungen betreut werden. Deshalb kommt die Hansestadt mit dem ursprünglich eingeplanten Geld nicht mehr aus. Für dieses Jahr rechnet die Sozialbehörde mit Mehrausgaben von 44 Millionen Euro.

Grund: Die Zahl der Kita-Kinder liegt um 4350 über dem für den Doppelhaushalt 2009/2010 prognostizierten Wert. Im Hortbereich haben sich die Experten sogar noch stärker verschätzt: 27 Prozent mehr Kinder als erwartet wurden 2010 gezählt. Und im Elementarbereich haben sich deutlich mehr Eltern als geplant für eine Ganztagsbetreuung ihrer Kinder entschieden. Außerdem stiegen die Personal- und Sachkosten. Von den 44 Millionen Euro bringen die Eltern durch die Erhöhung der Beiträge und des Essensgeldes rund 8,7 Millionen Euro auf. Den Rest bezahlt die Stadt, indem sie einen Kredit aufnimmt.