Angela Ruge betreut in ihrem Haushalt sechs Mädchen und Jungen. Reich wird sie dabei nicht

Im Garten von Angela Ruge steht ein mächtiges Klettergerüst. Vor der überdachten Eingangstür des Einfamilienhauses in Langenhorn sind viele kleine bunte Gummistiefel aufgereiht. Die drei Kinder der Familie Ruge sind diesen Dingen längst entwachsen. Aber Stella, Loris, Marisa, Larissa, Denise und Nico, die sechs Tageskinder, toben auch bei Regen gern draußen.

Vor der Geburt ihres Erstgeborenen Daniel, heute 22, war die 47-Jährige aus Langenhorn als Bürokauffrau bei der Hamburger Landeszentralbank angestellt, nach der Geburt ihrer Tochter Janine, 20, hat sie gekündigt und wurde Tagesmutter. "Ich habe meine Kinder nicht in die Welt gesetzt, damit ich sie von anderen Leuten großziehen lasse", sagt Angela Ruge bestimmt. "Ich leiste mir den Luxus, für meine Kinder zu Hause zu sein." Dennoch hat sie nicht das geringste Problem damit, "wenn eine Mutter, die das gern möchte, arbeiten geht. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich ermögliche es diesen Frauen."

Ihre Tage sind straff organisiert. Um viertel vor acht kommt das erste Kind, um 9 Uhr kommen die nächsten drei, um 14 Uhr werden sie alle abgeholt. Dann sind auch schon die Geschwister Denise und Nico da, zwei Schulkinder, die bis abends bleiben. Ihre Mutter arbeitet in der Altenpflege. "Wenn sie Spätdienst hat, bringe ich die Kinder abends zu Hause auch ins Bett", sagt Angela Ruge. Das seien mal fünf Tage pro Monat, mal zehn, je nach Dienstplan der Mutter. Und weil Nico zweimal die Woche Fußballtraining hat, fährt sie ihn dahin. Wenn die Geschwister jetzt einen Nachmittagsschwimmkursus anfangen, "dann werden wir sie natürlich auch hinbringen", sagt Angela Ruge. Wir, weil auch ihr Mann Thomas, mit dem sie seit 26 Jahren verheiratet ist, eingespannt wird, wenn es nötig ist: "Ohne dass die Familie das mitträgt, geht es nicht."

Diese Flexibilität, aber vor allem die familiäre Umgebung sind für viele Eltern der Grund, ihre kleinen Kinder in die Tagespflege zu geben statt in die Kita. So wie Stella, die erst seit einer Woche bei Angela Ruge ist. Eben noch ist sie fröhlich durch das Spielzimmer gekrabbelt, nun quengelt sie: "Komm her, ich hole dir dein Schmusi", sagt die Tagesmutter, gibt Stella ihr Kuscheltier und wiegt das kleine Mädchen an ihrer Brust. Sofort gluckst Stella zufrieden.

Auch die dreieinhalbjährige Marisa und Larissa, viereinhalb, haben einen sehr vertrauten Umgang mit der Frau, die sie Angela nennen. Für die Tagesmutter gibt es einen großen Unterschied zwischen Tageskindern und den eigenen: "Meine Tageskinder widersprechen nicht so viel. Und wenn ich mit ihnen einkaufe, betteln sie nicht." Was ihr für ihre eigenen Kinder wichtig ist, gebe sie auch an die Tageskinder weiter, sagt sie. Sie sei konsequent ("Nein heißt nein"), achtet auf die Tischmanieren der Kinder, isst mit ihnen gemeinsam um 10 Uhr ein zweites Frühstück und um 13 Uhr Mittagessen, putzt mit den Kindern nach dem Essen die Zähne. Ihre eigene Hausarbeit verschiebt sie in die Abendstunden, wenn alle Tageskinder weg sind. Fortbildungen macht sie in ihrer Freizeit.

Sie bastelt mit den Kindern Geschenke für Ostern, Muttertag, Weihnachten, geht mit ihnen zum Kinderturnen, macht mit ihnen Verkehrserziehung. Reich wird sie dabei nicht. "Jetzt müssen die Eltern 13 Euro Essensgeld bezahlen, aber bei mir kommt von dem Geld nichts an." Dabei ist sie es, die die Kinder verpflegt.

Wenig begeistert von den Plänen der Sozialbehörde ist auch Sonja Masurek. Die 42-Jährige betreibt mit ihrer Mutter in Winterhude die "DiMiDos Kindertagespflege". Die beiden Tagesmütter haben dafür Räume angemietet. "Ich finde unmöglich, das nur Großtagespflegestellen einen Mietzuschuss bekommen sollen. Mit welchem Recht?", fragt Masurek. Sie sieht zudem die Gefahr, "dass das Familiäre in großen Verbünden verloren geht".

Und dabei ist genau das die große Stärke der Tagesmütter.