Firmen fordern, rasch Geld für Schlaglochreparatur auszugeben. Insgesamt wollte der Hamburger Senat 578,5 Millionen Euro investieren.

Hamburg. Die Konjunkturoffensive der Stadt Hamburg ist noch nicht in Gang gekommen: Diese Nachricht hat gestern in Politik und Wirtschaft für Verwunderung und Kritik gesorgt. Olaf Scholz, der SPD-Landesvorsitzende, sagte: "In einer Konjunkturkrise muss schnell gehandelt werden. Das dauert hier zu lange. In rauer See ist das Hamburger Staatsschiff offenbar nicht in guten Händen."

Das Abendblatt hatte gestern berichtet, dass von Anfang 2009 bis Mitte Februar 2010 nur rund 60 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm ausgegeben waren. Insgesamt wollte der Senat 578,5 Millionen Euro investieren - über mehrere Jahre verteilt. Der Schwerpunkt sollte aber im Jahr 2009 liegen, um dort die Auswirkungen der Wirtschaftskrisen auf Hamburg abzumildern. Daraus ist nichts geworden - offenbar unter anderem deshalb, weil viele behördliche Bauvorhaben noch gar nicht geplant waren und deshalb nicht vorgezogen werden konnten oder weil die Ausschreibungen länger gedauert haben als angenommen.

Fabian Kruse, der Präsident des AGA Unternehmensverbands, ist ohnehin der Ansicht, dass sich "Krisen nur bedingt durch klassische Konjunkturprogramme abfedern lassen". Aus Erfahrung wüssten die Unternehmer, dass die meisten Konjunkturprogramme erst nach der Krise - und damit kontraproduktiv - gewirkt hätten. "Wir brauchen mehr Flexibilität beim Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln", sagte Kruse, in dessen Verband Firmen aus dem Groß- und Außenhandel und aus dem Dienstleistungsbereich organisiert sind. Sein Vorschlag für ein schnelles Konjunkturprogramm des Senats geht so: "Die schnelle Beseitigung der Schlaglöcher auf Hamburgs Straßen ist eine sinnvolle Maßnahme, die kurzfristig umgesetzt werden kann."

Beim haushaltspolitischen Sprecher der Linken-Fraktion, Joachim Bischoff, haben die Zahlen zur Konjunkturoffensive für Verwunderung gesorgt. "Eine zukunftsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik sieht anders aus", sagte er. "Die Desinvestitionspolitik des Senats vergrößert die wirtschaftlichen Probleme der Stadt und forciert die soziale Spaltung. Zu glauben, man könne die nach wie vor anhaltende schwere Wirtschaftskrise einfach aussitzen, ist mehr als fahrlässig. Dieses großartige Gegensteuern gegen die Krise, das der Wirtschaftssenator Axel Gedaschko vorgehabt hat, ist offenbar gar nicht passiert."

Marc März, der stellvertretende Geschäftsführer des Industrieverbands Hamburg, sagte: "Es ist wichtiger, dass Konjunkturmittel sinnvoll statt schnell ausgegeben werden. Wir würden uns wünschen, dass bei den in Zukunft noch zu tätigenden Ausgaben auch Umweltschutzinvestitionen der Industrie am Standort Hamburg gefördert werden würden." Noch zurückhaltender war die GAL, die Teil der Hamburger Regierungskoalition ist. Der GAL-Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan mochte die Zahlen nicht kommentieren - ebenso wenig wie der Handelskammer-Präses Frank Horch. Der ließ ausrichten, er könne die Zahlen nicht überprüfen und deshalb auch keine Stellungnahme abgeben.