Nach acht Jahren Liegezeit im Harburger Binnenhafen hat der Schrottkahn in einer Nachtaktion am Freitag endlich eine Werft in Kiel erreicht.

Harburg. Die "Gloria D." ist weg. Acht Jahre lang hat das "Albtraumschiff" für Schlagzeilen aus dem Harburger Binnenhafen gesorgt: Weil es einen Liegeplatz im Überwinterungshafen blockierte, weil Eigentümer sich nicht an Räumungsauflagen hielten und auch mit Liegeplatzgebühren im Rückstand waren. Jetzt ist das heruntergekommen wirkende Schiff in einer nächtlichen Aktion von Schleppern abgeholt und zur Reparatur nach Kiel gebracht worden. "Wir sind alle erleichtert", sagt Harburgs Rathaussprecherin Beatrice Göhring. Und auch Alexander Schwertner, Sprecher der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), sagt, dass Hamburg nun ein Problem weniger habe.

Am Sonntag vor zwei Wochen war ein Auslaufmanöver der "Gloria D." gescheitert, als das Schiff mit eigener Kraft den Binnenhafen hatte verlassen wollen und wegen eines technischen Defekts aus dem Ruder gelaufen und gegen die Steganlage des Yachtzentrums Harburg gekracht war. Sieben Yachten und die Steganlage wurden beschädigt.

Hermann Friedemann, Chef des Yachtzentrums: "Der entstandene Schaden liegt bei 50 000 Euro. Und wir haben noch keine Bestätigung, dass die Versicherung der 'Gloria D.' die Regulierung des Schadens übernimmt." Bereits im Februar 2010 hatte sich das Schiff während des Orkantiefs "Xynthia" von den Dalben losgerissen und war gegen die Kaikante gestoßen.

Am späten Donnerstagabend ging beim zweiten Auslaufmanöver alles glatt. Mithilfe der beiden Schlepper - vorn zog "Schleppko 7", hinten hielt "Karl Heinz" den Kurs - kam die "Gloria D." nach Passage des Nord-Ostsee-Kanals am Freitagmittag bei der mittelständischen Lindenau Werft am Skagerakufer in Kiel an. Karl Heinz Meyrose, in dritter Generation Inhaber der Firma Schleppkontor Meyrose in Wilhelmsburg, sagt: "Die Überführung verlief ohne Komplikationen." In Kiel soll das Schiff einen neuen Anstrich bekommen. Ob es danach an die Elbe zurückkehrt, steht nach den Worten des für wasserrechtliche Genehmigungen zuständigen Harburger Baudezernenten Jörg Heinrich Penner nicht fest. "In Gesprächen mit dem Eigentümer war die Rede von einer künftigen privaten oder auch gewerblichen Nutzung des Schiffs", sagt Penner.

Die "Gloria D." lief 1972 in Köln-Deutz vom Stapel. Sie hieß ursprünglich "Wappen von Heiligenhafen" und war ab 1972 für die Reederei Freter als Ostsee-Butterschiff im Einsatz. 1987 wurde sie in Besitz der Hamburger Hansa-Linien in "Atlantis III" umbenannt und 1989 auf der Hamburger Norderwerft um drei Meter auf 52 Meter verlängert. Vor etwa acht Jahren übernahm der Immobilienmakler Gerhard S.-P. aus Pampow bei Schwerin das Schiff, gründete die Gloria-Reederei und wollte mit einer Flotte weiterer Schiffe vor der brasilianischen Küste bei Rio de Janeiro Kaffeefahrten anbieten. Das Schiff wurde in "Gloria D." umbenannt - und blieb in Harburg hängen.

Mitte vergangenen Jahres nahm sich Christian Ferdinand I. aus Stade, im Hauptberuf ebenfalls Immobilienmakler, der "Gloria D." an. Er brachte den Kahn immerhin wieder zum Laufen, aktualisierte die nautische Ausrüstung und sorgte für die technische Abnahme. Das Schiff hat zwei Achtzylinder-Dieselmotoren an Bord, die gut 2000 PS leisten. Das reicht für etwa 15 Knoten Vortrieb. Christian Ferdinand I. hat ansonsten eine Vorliebe für schnelleres Vorwärtskommen auf dem Wasser. Er gibt sich auch als Präsident eines Rennboot-Sportteams aus.

Wegen des technischen Vorfalls vor 13 Tagen ordneten die Behörden die Schleppfahrt an. Mehrere Anlieger aus dem Binnenhafen verfolgten am Donnerstagabend die Abfahrt. Um 21.43 Uhr fuhr das "Albtraumschiff" aus der Schleuse auf die Süderelbe, passierte die Kattwykbrücke und verschwand mit ungewisser Zukunft in der Dunkelheit.